Ihre Sünden sind ihr vergeben. Darum hat sie so viel Liebe gezeigt – 1. Teil

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Die Frau hat in der Stadt ihren Ruf weg. Sie ist als „Sünderin“ bekannt.  Kein Wunder, dass sich ein Pharisäer darüber aufregt, dass ausgerechnet diese Frau mit dabei ist, wenn Jesus ihn zum Essen einlädt. Ein ungebetener Gast. Schließlich will der Pharisäer mit Jesus über religiöse Dinge diskutieren und nicht Jesus verehren.

Und diese Frau nun salbt Jesu Füße mit kostbarem Salböl, weint ihre Tränen auf Jesu Füße, trocknet mit ihrem Haar Jesu Füße, küsst Jesu Füße. Sie redet nicht, sie tut nur, was sie tun muss.

Nun wird die Frau Anlass zum religiösen Disput. Als von Gott stellt Jesus sie hin. Ein Gleichnis erzählt Jesus dazu. Ein Geldverleiher schenkt zu Gläubigern ihre Schulden
– Fazit Gleichnis: Je mehr Schulden man hat, umso mehr liebt man den Geldverleiher, wenn er einem die Schulden erlässt.
– Fazit Sünderin: Je mehr Sünden man hat, umso mehr liebt man Gott, wenn er einem die Sünden erlässt.

Großzügig liebt, wer Grund dazu hat. Und die Frau, die Jesu Füße salbt, hat guten Grund dazu. Weil ihre Sünden vergeben sind, kann sie so viel Liebe zeigen. Weil, nicht obwohl!

Ihre Sünden sind ihr vergeben.
Darum hat sie so viel Liebe gezeigt. 

Lk 7, 47

Christus spricht:
Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern,
das habt ihr mir getan.
Mt 25,40

Bild: Kirche St. Jakobus, Baden-Baden-Steinbach, Quelle: commons.wikipedia

Besser ein Gericht Kraut mit Liebe als ein gemästeter Ochse mit Hass

In meinem Frankreich-Urlaub habe ich die Schriftstellerin Marie Noel (1883-1967) aus Auxerre kennengelernt. Man muss lange suchen, um ins Deutsche übersetzte Texte von ihr zu finden. Findet man sie, so stößt man fast durchweg auf eine intensive Auseinandersetzung mit dem Glauben, die zumeist von tiefer Schwermut geprägt ist. Ihre Zuwendung zur katholischen Kirche hat Noel als unfreiwillig empfunden. Ehe und Familie seien nicht für sie bestimmt gewesen. Umso intensiver setzt sie sich mit ihrem Glauben auseinander, mit ihrer Beziehung zu Gott.

Einen ihrer Texte will ich hier zitieren:

Dem, der an nichts Mangel hat, fehlt alles.
Elend des Menschen, der sich selbst genügt,
des Geistes, der mit sich selbst zugeschüttet ist.
Der ganze Wert des Menschen liegt in seinem Suchen, seiner Berufung, seiner Sehnsucht.

Der Wert des Menschen: Sehnsucht, Berufung, Suchender sein. Liebe spüren, Liebe weitergeben. Wertlos hingegen: ein Mensch, der auf sich selbst gerichtet ist, sich selbst genügt, seine Mitmenschen nicht lieben kann, sondern nur sich. Er ist ein gemästeter Ochse, wohlgenährt und doch kann man auf ihn nicht bauen.

Besser ein Gericht Kraut mit Liebe
als ein gemästeter Ochse mit Hass.
Sprüche 15,17

Was ihr getan habt einem von diesen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan

spawning-3935848_1920Glaube ist Beziehung – Glaube lebt aus der Beziehung heraus. Aus der Beziehung zu Gott, aber gleichermaßen auch aus der Beziehung zum nächsten.

Der Mensch lebt nicht nur aus sich selbst heraus, in sich gewunden, zu Gott hin. Der Mensch lebt gleichermaßen in einem Beziehungsgeflecht, mit seinen Mitmenschen und – das weiß die Bibel besser als wir heute – mit der Natur.

Man muss hier keine kausalen Verknüpfungen oder Bedingungen herstellen, kann es als Doppelgebot der Liebe einfach nebeneinander stehen lassen.

So lässt sich der Versuchung widerstehen, eine Belohnung zu erwarten. Sonst würde man den Bibelvers missverstehen.

Wenn Jesus nun das, was wir für unsere Mitmenschen tun, als Tat für ihn selbst apostrophiert, tun wir gut daran, in diesem Sinne weiterzudenken. Nicht, weil wir etwas erreichen wollen, einen Lohn erwarten, sondern weil wir diese Beziehung zu Jesus, zu Gott haben und leben.

Wer Gutes tut, der will es tun, der muss es nicht tun. Das ist, was Jesus predigt. Freude, nicht Pflichtbewusstsein ist der Motor.

Was ihr getan habt einem von diesen geringsten Brüdern, 
das habt ihr mir getan. 
Mt 25,40

Bild: Gábor Adonyi/pixabay.com

Zwei weitere Posts von mir zu diesem Bibelvers finden Sie hier (2019) und hier (2018).  

Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst

DSC_0959Ferien – 
ins Gras liegen 
die Beine hochlegen 
den Himmel bestaunen 

Die Kühle des Morgens genießen 
Abends nochmal raussitzen 
zu einem Glas Wein 
zurückblicken auf das was war 

Johannes der Täufer hat diesen Blick
in die Zukunft gerichtet fragt er zugleich
was kommen wird 

Und er schaut auf das Meer
so weit wie der Himmel ist 
bis zum Horizont und weiter 

und weiter fragt er sich 
nach dem Ursprung aller Dinge 
er fragt nach der Quelle 
die zum Meer führt 
nach der Quelle 
die uns Kraft gibt 

es ist die Quelle des lebendigen Wassers 
die uns trägt 
die uns Kraft gibt 
die uns antreibt 
weit über die Ferien hinaus 

Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.
Offb 21,6

Eine Betrachtung des Wochenspruchs für diese Woche aus den vergangenen Jahren findet sich hier und hier.

Bild: Christus-Quelle, Meersburg (alte Burg)

Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan

Gutes tun gehört zum Menschsein, sagt man, quasi automatisch dazu. 

Wer Gottes Willen tut ist mein Bruder und meine Schwester, sagt Jesus. 

Das Volk Israel hat in Gesetzen festgehalten, was gut ist: auf dem Feld die Reste den Armen lassen ganz konkret, allgemeiner: ehrlich sein, gerecht sein, fair sein. Die vielen Gesetze für das soziale Miteinander des Alten Testaments zeigen die Verhaltensrichtung, die eingefordert ist: nicht nur aus sich selbst heraus leben. Sich um die kümmern, die sich nicht um sich selbst kümmern können. Die Tradition sorgt schließlich für die Weitergabe dieser entstandenen Werte.

Braucht es Gott, braucht es Jesus, um Gutes zu tun oder ist in unserem Herzen der Platz für andere schon von Geburt an reserviert? In unserem Wochenspruch wird darauf zunächst keine eindeutige Antwort gegeben. Auch deshalb, weil man zu Zeiten Jesu ganz selbstverständlich aus dem Verhältnis zu Gott heraus gelebt hat.

Im Blickpunkt der Betrachtung steht bei Jesu Ausspruch der Überraschungseffekt: alles fällt auf Jesus zurück, das Gute wie auch das Schlechte. Die Verbindung zu Jesus spiegelt sich im Miteinander. Sozialer Druck wird aufgebaut, sich auch richtig zu verhalten – zumindest, wenn man zu Jesus gehören will. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass das, was man tut, nicht als Einzelakt gesehen wird, sondern immer in der Verbindung. In der Verbindung zu anderen und in der Verbindung zu Jesus.

Wie wir uns verhalten, wie wir in der Welt agieren: es hat nie nur mit uns zu tun.

Das ist eine Erfahrung, die man auch außerhalb der jüdisch-christlichen Tradition machen kann. In Judentum und Christentum ist sie schon ausgeleuchtet, weit ausgeleuchtet: bis hin zu den geringsten Brüdern.

 

Christus spricht:
Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern,
das habt ihr mir getan.

Mt 25,40

Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan

Beziehungstaten 

Folge mir nach!
spricht Jesus.
Lebe,
wie ich gelebt habe.

Ach, wie lebt denn ein Christ? 

Am Buffet des Hotels drängeln sich die Leute. Inzwischen weiß man, dass es länger dauern kann, bis die Speisen wieder nachgelegt werden. Entsprechend entschieden wird auf den Teller geladen, was draufpasst. Man will schließlich nicht der sein, bei dem der Räucherlachs gerade ausgegangen ist. „Bei christlichen Reisegruppen“ ist das anders, sagt ein Gast. „Da nimmt man eher Rücksicht aufeinander und gibt auch mal in der Küche freundlich Bescheid, wenn etwas fehlt, statt zu erwarten, dass immer alles sofort nachgefüllt wird.“

Deine guten Taten sind Beziehungstaten,
spricht Jesus.
Du tust sie nicht für dein Seelenheil,
du tust sie für mich,
spricht Jesus.

Ach, was tut denn ein Christ? 

Im Pflegeheim „Abendrot“, direkt neben dem Friedhof „Zur letzten Ruhe“ gelegen, arbeitet die Pflegerin Monika. Ganz bewusst arbeitet sie nicht Vollzeit. „Es gibt Tage, da komme ich heim und lege mich einfach auf die Couch. Ich brauche gar kein Fernsehen, ich will einfach nur liegen und in Ruhe gelassen werden“, sagt sie. Ihre Kolleginnen beschreiben sie als warmherzig, sie kann gut mit den alten Leuten. Vor keiner Arbeit drückt sie sich. Monika selbst fühlt sich aber oft an ihrer Grenze. Glaubt nicht, dass sie ihre Arbeit gut macht. Zu viel bleibt auf der Strecke. Die alten Leute erzählen so gerne. Aber wann hat sie schon Zeit, lange zuzuhören? Ihren Beruf kann sie nicht so ausüben, dass sie nach Minuten arbeitet. „Minuten pro Patient“ – nie könnte sie das aufrechnen. Wo Heimbewohner ihre Aufmerksamkeit brauchen, gibt sie sie ihnen. Die, die genug andere zum Reden haben, wimmelt sie liebevoll, aber konsequent ab. Die brauchen sie nicht wirklich. Das hat sie sich angewöhnt, um mit ihrer Zeit klarzukommen. Glücklich ist sie damit nicht, aber so kann sie ihren Beruf noch mit Herzblut ausüben, ohne dass ihr Herz blutet.

Seid nicht überheblich,
spricht Jesus.
Kümmert euch auch um Fremde,
um die, mit denen ihr sonst nichts zu tun habt,
spricht Jesus.

Ach, wie arrogant ist denn ein Christ? 

„Eben nicht“, sagt sie sich. Sie will ihn nicht entgegennehmen, den Sozialpreis der Gemeinde. In der Öffentlichkeit zu stehen, das liegt ihr nicht. Was sie macht, macht sie gern. Und weil es notwendig ist. Sie hält nichts von dem Firmenmotto „Gutes tun und darüber reden“. Man tut, was man kann. Da gibt es keinen Grund, es an die große Glocke zu hängen. Und außerdem arbeiten sie im Team zusammen. Also wird sie dem Bürgermeister sagen, dass alle Ehrenamtlichen auf die Bühne sollen. Und er soll sagen, dass sie den Preis nur stellvertretend für alle anderen entgegennimmt. Aufgeregt ist sie jetzt schon.

 

Wahrlich ich sage euch:
Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, 

das habt ihr mir getan. 
Matthäus 25,40

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