Hast du recht, dass du so zornig bist?

Gott fragt.
Zweimal fragt er Jona:
Hast du recht, dass du so zornig bist?

Gott will,
dass Jona selbst drauf kommt:
Nein, ich habe nicht recht.
Ich muss nicht zornig sein.
Ich muss mich nicht darüber ärgern,
dass es anders läuft als ich dachte.

Glaube besteht aus Suchbewegungen.
Nicht nur bei Jona.
Auch bei uns.

Hast du recht, dass du so zornig bist? 
Jona 4,4 und 4,9

Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen
und selig zu machen, was verloren ist.
Lk 19,10

Hier geht es zu den Gedanken zum Wochenspruch Lk 19,10 aus dem Jahr 2020  und 2019.

Meine Predigt zu Jona 4,1-11 im Gottesdienst in Geisingen am heutigen 25.6.23 findet sich hier.

Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist

102860_web_R_by_Helene Souza_pixelio.deDer Theologe Henning Luther hat in seinem Aufsatz „Identität und Fragment“ das Fragmentarische der Lebensbiographie betont. Nie könne ein Mensch Perfektion erreichen – er sei immer ein unvollständiges, brüchiges Wesen.

Das Leben ist nach Henning Luther kein einfaches Fortschreiten von einer Stufe zur nächsten. Es gibt die Ruinen – dazu gehört Schuld, gemachte Fehler. Dies sind die Fragmente der Vergangenheit, die zu unserem Leben gehören. Und es gibt die Sehnsucht, den Blick nach vorne, die Fragmente der Zukunft, die zur Zukunft hin ausgerichtet sind. 

Die Brüche gehören für Henning Luther zum Leben.358679_web_R_B_by_Dieter Schütz_pixelio.de Es gibt nicht den einen, geradlinigen Lebensplan, dem man einfach nur folgen muss. Das Leben ist nicht so einfach. „Wir sind Fragmente zerbrochener Hoffnungen, zerronnener Lebenschancen, verworfener Möglichkeiten, vertaner und verspielter Chancen„, schreibt Henning Luther.

Zugleich aber leben in uns die Fragmente erträumter Möglichkeiten, neuer Lebenschancen, überraschend aufgetauchter und errungener Chancen, mannigfaltiger Hoffnungen. Der Mensch ist auf die Zukunft aus, lebt nicht nur aus der Vergangenheit heraus.

640178_web_R_by_CFalk_pixelio.deWir Menschen sind zerbrechliche Wesen. Wir tragen unsere Vergangenheit mit uns herum wie auch unsere Erwartungen an die kommende Zeit.

Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist„, heißt es im Wochenspruch für die kommende Woche. Verloren ist viel, wir vermissen all das, was uns zur Perfektion fehlt. Wir sehen die Narben der Vergangenheit, die wir mit uns tragen, wir sehen Hoffnungen, die wir aufgegeben haben, verlorene Träume.

Gott weiß um all unsere Vorläufigkeit. Er kann uns die Angst und die Sorge nehmen, dass unser Leben zerbricht.

 

Der Menschensohn ist gekommen,
zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.
Lk 19,10

Fotos: 
oben: Helene Souza/pixelio.de 
Mitte: Dieter Schütz/pixelio.de
unten: C. Falk /pixelio.de 

Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.

Zachäus. Oberzöllner. Einer, der nicht selber Zoll einnimmt, sondern organisiert. Der bei seinen Vorgesetzten Ideen einreicht, wie man das Zollsystem verbessern könnte. Der so effizient wie möglich arbeiten will.

Einer also, der auch darüber nachdenkt, wie die Dinge laufen. Kein Revoluzzer, kein Quergeist – auch nicht im guten Sinne. Aber einer, der Neugier und Interesse für über seine eigene Welt in sich trägt. Und das, obwohl er ein eher kleiner Mann ist.

Aus erster Hand will er wissen, wer dieser Jesus ist, von dem so viel die Rede ist. Und weil er eben so klein ist, und Jesus umringt von Jüngern ist, sitzt er auf den starken Ast eines Maulbeerbaums, um ein wenig höher zu sitzen, damit er Jesus auch sieht.

„Ich muss heute in deinem Haus einkehren“, sagt Jesus da zu ihm. Ich muss heute einkehren – ein wenig Zeit bleibt Zachäus, um alles für ein gemeinsames Mahl in die Wege zu leiten.  Ich muss – ich muss, denn da ist mehr als Neugier bei Zachäus. Die Hälfte seines Besitzes will er den Armen geben, Vergebung bei denen erbitten die er betrogen hat.

Dieser Zachäus scheint schon länger das Gefühl mit sich herumgetragen zu haben, dass etwas in seinem Leben schief läuft. Dass er eigentlich etwas ändern sollte. Dass er nicht so lebt, wie er gerne leben würde. Dass er sich selbst verloren hat.

Zachäus will sich finden lassen.

 

Der Menschensohn ist gekommen,
zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.

Lk 19,10

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