Simon Petrus weiß auch nicht, wie es weitergehen soll. Er trifft sich mit den anderen Jüngern, mit denen, die noch da sind. Vielleicht hätte er ja auch abhauen sollen. Wer weiß, ob sie nicht alle noch ausgehoben werden, jetzt wo Jesus wie ein Widerständler abgeurteilt wurde. Sie müssen auf jeden Fall vorsichtig sein, viel vorsichtiger als früher. Abwarten, sich ruhig verhalten. Mehr kann man jetzt nicht machen. Vielleicht hätten sie gar nicht zusammenbleiben sollen, der letzte Rest. Aber andererseits: wenn sei verhaftet werden sollten: finden wird man sie auch so. Trotzdem: auf der Straße halten sie sich gerade so wenig wie möglich auf. Und die Türen schließen sie inzwischen auch ab.
Jesus ist weg, so wie er es angekündigt hat. Aber kann das wirklich sein Wille gewesen sein? Alles fühlt sich so anders an, jetzt wo Jesus nicht mehr unter ihnen ist.
Nein, da sind sich alle einig: verraten fühlen sie sich nicht von Jesus. Einer von ihnen hat ihn ja verraten. Aber sie kommen aus dem Grübeln nicht mehr heraus. Sollte das alles so geschehen? Hätte er doch Jesus noch besser zugehört, hätte er doch Jesus noch mehr gefragt. Aber wie hätte er auch wissen können, was alles geschehen wird. Wie hätte er das ahnen können!
Simon Petrus erschrickt, als es laut und kräftig pausenlos gegen die Tür klopft. Doch dann hört er die Stimme von Maria Magdalena. Sie ist früh dran. Wahrscheinlich hat sie auch Angst, auf der Straße gesehen zu werden. Aufgelöst ist sie, atemlos. Weg sei er, der Stein vor dem Grab. Weg sei er, der Leichnam Jesu.
Noch während Petrus sich Mantel und Schuhe überzieht, läuft ein anderer Jünger mit Maria Magdalena los. Immer schneller laufen sie, Simon Petrus kommt kaum hinterher.
Maria Magdalena wartet vor dem Grab. Petrus folgt dem anderen Jünger ins Grab hinein. Zum Glück: es sieht nicht so aus, als ob die Römer den Leichnam geholt hätten oder als ob er gestohlen wurde. Die Leinentücher liegen noch da, das Schweißtuch Jesu liegt sogar zusammengewickelt auf einem Stein. Bei all dem Trubel gab es wohl Missverständnisse, wahrscheinlich ist der Leichnam umgebettet worden. Petrus atmet erleichtert aus, er hat mit Schlimmerem gerechnet. Aber es wird auf jeden Fall Arbeit machen, das Ganze wieder in Ordnung zu bringen. Wahrscheinlich hat Josef von Arimathäa die Umbettung veranlasst. Oder jemand hat Nikodemus Bescheid gesagt. Aber wenn Josef von Arimathäa kalte Füße bekommen hat, wird es schwer werden, irgendwas zu regeln. Auf diesen Ärger könnte Petrus gerne verzichten.
Erleichtert und verärgert zugleich macht sich Petrus wieder zurück auf den Heimweg zu den anderen Jüngern. In Gedanken überlegt er schon, wie er sich möglichst unauffällig nach dem Verbleib des Leichnams erkundigen könnte. So unauffällig, dass man ihn nicht als Anhänger von Jesus erkennen kann.
Es vergeht nicht viel Zeit, da klopft es schon wieder pausenlos an die Tür, da ist schon wieder Maria Magdalena. „Ich habe den Herrn gesehen“, sagt sie. Ja, bestimmt, denkt Petrus.
Denn sie verstanden die Schrift noch nicht,
dass er von den Toten auferstehen müsste.
Da gingen die Jünger wieder zu den anderen zurück.
Joh 20, 9f.
Meine Predigt zu Joh 20,11-18, gehalten heute, am Ostersonntag, in Rietheim, findet sich hier.
Bildquellen:
Lauf (oben): Petra Bork/pixelio.de
Maria Magdalena (unten): Wilfried Giesers/pixelio.de