Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer

Wie soll ich dich empfangen und wie begegn‘ ich dir, 
o aller Welt Verlangen, o meiner Seelen Zier? 
O Jesu, Jesu, setze mir selbst die Fackel bei, 
damit, was dich ergötze, mir kund und wissend sei. 

Es hat gestern geschneit. Nicht viel, kaum etwas ist liegen geblieben. Kalt ist es. Winter ist es. Wenn ich nach Hause komme, empfängt mich eine warme Wohnung. Ich freue mich, wenn ich die Kälte abschütteln kann. Wenn ich die Winterjacke ausziehe, weiß ich, dass ich mir gleich einen Kaffee oder einen Tee machen werde. 

Dein Zion streut dir Palmen und grüne Zweige hin 
und ich will dir in Psalmen ermuntern meinen Sinn. 
Mein Herze soll dir grünen in stetem Lob und Preis 
und deinem Namen dienen, so gut es kann und weiß. 

Dann, wenn ich mit meiner Tasse in der Hand im Sessel sitze, bin ich angekommen. Dann ist alles gut. Auch, wenn nicht alles gut ist. 
In meinem Wintergarten liegt auf dem Tischchen der Adventskranz. Wie leicht fällt es beim Schein der Kerze, den Blick nach draußen zu wenden und die Gedanken nach draußen gleiten zu lassen, zu den Menschen, die mir lieb sind. 
 
 
Ich lag in schweren Banden, du kommst und machst mich los. 
Ich stand in Spott und Schanden, du kommst und machst mich groß 
und hebst mich hoch zu Ehren und schenkst mir großes Gut, 
das sich nicht lässt verzehren, wie irdisch Reichtum tut. 
Die Kälte der Welt bleibt draußen. Die Ungewissheit, die Sorge. Was wird werden? Die Gedanken gleiten weiter, zu den Menschen, um die ich mir Sorgen mache. Hoffnung, Zuversicht, Vertrauen – all das will ich nicht missen. All das kann ich nicht missen. 
 
Ihr dürft euch nicht bemühen noch sorgen Tag und Nacht,
wie ihr ihn wollet ziehen mit eures Armes Macht.
Er kommt, er kommt mit Willen, ist voller Lieb und Lust,
all Angst und Not zu stillen, die ihm an euch bewusst.
All das ist mir in den Schoß gelegt, all das gibt mir Kraft, Halt. Auch, wenn ich manchmal nicht daran glaube, dass es wieder bessere Zeiten geben wird, dass Menschen lernfähig sind, dass Egoismus nicht gewinnen kann. Die Augen zu schließen, an nichts zu denken, kann manchmal Wunder bewirken. 
 
 

Siehe, dein König kommt zu dir,
ein Gerechter und ein Helfer.

Sach 9,9

Siehe, dein König kommt zu dir

stall-511459_1280Die Tür stand offen.

Den ganzen Sommer über hatte er die Tür des Schuppens nie abgeschlossen. Nie war irgendetwas passiert. Jetzt, wo er den Schuppen verschlossen hatte, weil eben alles winterfest zu machen war, drang jemand mit Gewalt dort ein.

Er schüttelte den Kopf. Aus Unverständnis. Und aus Ärger darüber, dass er sich nun Gedanken darüber machen musste, wie das Ganze wieder zu reparieren war. Er war kein Handwerker-Typ. Er konnte so etwas nicht.

Sicherheitshalber rief er laut „Hallo!“, bevor er hineinging, dachte dabei aber nicht, dass noch jemand drin sein könnte. Sonst wäre er gar nicht hineingegangen. Er drehte das Licht an, erwartete – was eigentlich? Ein großes Durcheinander zumindest. Wie es eben aussieht, wenn ein Raum nach Brauchbarem durchsucht wurde. Niemand war im Schuppen. Doch es sah auch nicht so aus, als ob überhaupt jemand drin gewesen war. Es sah aus wie immer.

Er blinzelte zweimal. Der Versuch, sich stärker zu konzentrieren. Er glaubte noch immer, dass das funktioniere. Die Geräte standen an ihrem Platz. Der Rasenmäher, der Vertikutierer, der Häcksler. Nicht einmal verschoben war eines von ihnen. Stand der Korb schon vorher so schräg auf dem Rasenmäher? Er war sich nicht sicher, rüttelte daran. Auch von den anderen Gartengerätschaften schien nichts zu fehlen.

Ob jemand hier wohl einen Schlafplatz suchte? Übernachtet hat mit Sicherheit niemand. Da hätte man sich schon mühsam Platz schaffen müssen. Da wären ihm die Veränderungen aufgefallen. Vielleicht war ja jemand auf der Suche nach etwas Essbarem, vielleicht auch etwas Trinkbarem. Aber wer würde so etwas in einem kleinen Schuppen vermuten?

Gebaut wurde er vor 50 Jahren als Stall, mit Buchten für zwei Schweine. Genutzt wurde er aber nur wenige Jahre so. Niemand würde heute dort Tiere vermuten, genauso wenig wie etwas Wertvolles. Noch einmal schüttelte er den Kopf.

Fehlte nicht doch etwas? Die alten rostigen Geräte nutzte er seit Jahren nicht mehr. Aber warum sollte sich jemand daran bedienen? Achtlos trat er mit seinem Fuß gegen einen alten Spaten. Scheppernd fiel der um.

Das Gefühl der Wut stieg in ihm hoch. Jemand hatte die Tür geöffnet. Eine Tür, die er selbst verschlossen hatte. Gewaltsam hat dieser Jemand sie geöffnet. Auch wenn keine äußeren Schäden zu sehen waren. Es war ein altes Schloss. Viel braucht es da nicht. Aber es reichte, dass er sich getroffen fühlte. Es traf ihn mit einer Wucht, die er selbst nicht verstand.

Er schloss die Augen, und noch bevor er sie wieder öffnete, begann er, sich zu schütteln. Das Schloss sah intakt aus. Wenn jemand es geöffnet hat, dann mit einem einfachen Dietrich, ohne es zu beschädigen. Er fluchte auf Menschen, die so etwas tun. Die fremdes Eigentum nicht respektieren. Er nehme alles zu persönlich – ja, aber wie sonst soll man denn darauf reagieren?

Hätte er genauer geschaut, wäre ihm das Geschenk aufgefallen, das hinter der Tür lag.  Mit Packpapier war es einfach verpackt. Eine Eins stand darauf.

Wütend schloss er die Tür zu. Als er zurück zum Haus ging, dachte er darüber nach, ein neues Schloss anzubringen. Und als er die Haustür öffnete, fasste er den Entschluss, das einem Profi zu überlassen.

„Offene Türen, offene Herzen“ stand über der Eingangstür.

 

Siehe, dein König kommt zu dir, 
ein Gerechter und ein Helfer. 
Sacharia 9,9 

Bild: Ina Hall/pixabay.com

Einen anderen Zugang zum Wochenspruch des 1. Advents findet man hier, bei meinen Gedanken zum Wochenspruch aus dem vergangenen Jahr.

Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.

Advent 009Ganz egal, wie früh Weihnachtsartikel im Supermarkt aufgebaut werden: Für mich kommt der erste Advent immer etwas plötzlich. Besonders dann, wenn er noch im November liegt.

Dieses Jahr ist immerhin schon der Adventskalender angebrochen. Wenn dann im Gottesdienst „Macht hoch die Tür“ gesungen wird, ist für mich die Adventszeit angebrochen.

 

Kein anderes Lied steht für mich so sehr für den Advent. Kein anderes Lied schafft es so sehr und so schnell, mich in Adventsstimmung zu katapultieren.

Allerdings: Der Wochenspruch für die kommende Woche legt ein anderes Lied eher nahe: Händels „Tochter Zion“. Denn in Sacharja 9,9 heißt es:

Du Tochter Zion, freue dich sehr,
und du Tochter Jerusalem, jauchze!
Siehe, dein König kommt zu dir
ein Gerechter und ein Helfer,
arm und reitet auf einem Esel,
auf einem Füllen der Eselin.

Ein Bibelvers, den wir ganz instinktiv auf Jesus beziehen, auf Jesu Kommen in die Welt. Ein Bibelvers, der allerdings auch zum Palmsonntag passt, wenn der Einzug Jesu in Jerusalem gefeiert wird.
Ein Bibelvers, der ursprünglich aber aus dem Alten Testament kommt, die Verheißung für Jerusalem und Ephraim. Die vorangegangenen Verse machen deutlich, dass Gott das neue Königreich in Israel errichtet. In Vers 9 nun wird erklärt, wie dieses neue Königreich aussehen wird. Der neue Herrscher beendet den Krieg, denn Esel gehören in der damaligen Zeit nicht zum militärischen Equipment.

 

 

Ich finde es gut, dass mit dem neuen Kirchenjahr, das an diesem ersten Advent beginnt, in den Predigttexten mehr alttestamentliche Texte vorkommen. Die Neuordnung der Perikopenordnung zeigt so deutlicher, dass das Alte Testament Teil unserer christlichen Religion ist. So wird uns vielleicht deutlicher, welche Schätze im Alten Testament, dem ersten Testament, verborgen sind.

Da ist zum einen die Sprachgewalt, die man im Alten Testament entdecken kann. Nicht Israel, nicht die Bewohner Jerusalems sollen sich freuen, sondern die Tochter Zion, die Tochter Jerusalem. Und dann ist dieser König so gar nicht wie ein irdischer König: er ist unparteiisch, von Gott berufen, sieht die Sorgen der Schwachen und Armen, ist demütig und nutzt nicht die Pferde, die im Krieg eine große Rolle spielen, sondern den Esel, der so zum Symbol des Friedenskönigs wird.

Ein hoffnungsfroher Text ist dieser Vers aus dem Sacharja-Buch. Siehe, dein König kommt, um Frieden zu bringen: vielleicht haben wir uns schon zu sehr durch die christliche Deutung dieser Bibelstelle an das Außergewöhnliche, von dem hier die Rede ist, gewöhnt.

Versetzen wir uns einmal in folgende Situation: Ich habe auf Arbeit seit Längerem schon einen Konflikt mit einem Kollegen. Es geht darum, welches Programm zukünftig für die Verwaltung der Bestellungen verwendet werden soll. Für mich gibt es nur eine überzeugende Option. Lange genug schon habe ich meinen Kollegen mit Argumenten überschüttet, damit wir das Programm endlich nutzen können. Doch der sieht es nicht so wie ich. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als unseren Chef einzuschalten. Und obwohl ich ihm deutlich gemacht habe, dass aus meiner Sicht nur das eine Programm sinnvoll einsetzbar ist, verhilft er mir nicht zum Sieg, sondern will, dass wir in einer Testphase beide Programme ausprobieren.

Die Bibelstelle macht deutlich: Gott ist nicht so, wie wir ihn haben wollen. Ihm liegt nichts daran, sich einfach nur einzumischen. Wenn er sich einmischt, will er etwas verändern, einen Neuanfang ermöglichen. Siehe, dein König kommt zu dir: wenn wir an diesem ersten Advent die erste Kerze anzünden, so ist es die Kerze für den neuen König, der den Frieden bringt.

Du, Tochter Zion, freue dich sehr,
und du, Tochter Jerusalem, jauchze!
Siehe, dein König kommt zu dir,
ein Gerechter und ein Helfer,
arm und reitet auf einem Esel,
auf einem Füllen der Eselin.

Sacharja 9,9

 

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