Meine Seele ist betrübt bis an den Tod

ukraine-herzDie Nacht ist tief. Und ohne Boden.“, heißt es in einem Gedicht des ukrainischen Schriftstellers Serhij Zhadan aus dem Jahr 2015 über den Krieg in der Ostukraine.

Die Nacht ist tief – und ohne Boden“: So ergeht es Jesus im Garten Gethsemane. In seiner schwersten Stunde ist Jesus auf sich allein gestellt. Wie Petrus später Jesus dreimal verleugnet, so findet Jesus im Garten Gethsemane dreimal seine Jünger schlafend vor.

Seine letzte Versuchung, die er zu bestehen hat, muss Jesus allein aushalten. Das lässt die Nacht so dunkel, so tief erscheinen. Jesus stürzt sich nicht voll Begeisterung in den Tod, wir hören keine heldenhaften letzten Worte am Kreuz. Finsternis bleibt Finsternis. Sie wird nicht verklärt.

Jesus findet im Gebet die Stärkung, sein Schicksal anzunehmen. „Die Nacht ist tief. Und ohne Boden.“ Etwas Schreckliches kommt auf ihn zu. Aber für Jesus zeigt sich auch: „Ohne Finsternis hat die Nacht keinen Sinn.“ (Serhij Zhadan). Es muss vollbracht werden, was vollbracht werden muss. Es muss ertragen werden, was ertragen werden muss und doch nicht zu ertragen ist.

Die Nacht ist tief. Und ohne Boden„: Wie sehr gilt dies heute für den Krieg in der Ukraine!

Lassen wir deshalb die Menschen in ihrem Leid nicht allein – seien wir nicht die, die schlafen, während andere trauern und verzweifeln.

Helfen wir und trösten wir, auch wenn es frustrierend ist, gleichzeitig zuzusehen, wie Gewalt sich Bahn bricht.

Lassen wir nicht zu, dass Krieg zu einem Mittel wird, das Helden gebiert und die Geschichtsschreibung diktiert. Entzaubern wir ihn als die Bestie, die er ist. Als die Nacht im Bodenlosen. Und ja: Wir nennen den Krieg auch Krieg.

Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibt hier und wachet mit mir!
Mt 26,39

Hier finden Sie meine Predigt vom 13.3.22 in Hausen ob Verona zu Mt 26,36-46

Neue Wege – Fastenzeit III

In der Fastenzeit wollen wir uns auf den Weg machen – auf den Weg zu uns. So soll in diesem Jahr der Weg das Thema der Besinnung sein – bis Ostern werde ich ganz unterschiedliche Aspekte der Weg-Thematik aufgreifen und beleuchten. 

„Vertraut den neuen Wegen“ heißt ein sehr bekanntes (und sehr schönes) Kirchenlied. Nichts anderes als dass wir gemeinsam mit Gott unsere Wege gehen, ja von Gott auf unsere Wege geschickt werden. Was aber, wenn wir gar uns gar nicht auf neue Wege machen wollen? 

„So wie es war, so wird es nie wieder sein“, singt die Band AnnenMayKantereit. 

„Ich habe keine Hoffnung zu verkaufen, nur Gegenwartsbewältigung“ heißt es weiter bei AnnenMayKantereit. 

Betrachtet man die biblischen Geschichten, in denen Menschen sich auf den Weg machen oder unterwegs sind – und davon gibt es eine Überfülle! -, so machen sich die wenigsten Menschen freiwillig auf den Weg, sie werden vielmehr von den Umständen gezwungen und hadern mit ihrem Schicksal.

Aber in den biblischen Weg-Geschichten sind die eindrücklichsten Belege dafür geschildert, dass Gott Begleiter auf diesen Wegen ist. 

Uns geht es heute nicht mehr wie Abraham, der von Gott den Befehl bekommen hat, sein Land zu verlassen und der einfach losmarschiert. Wir wollen von anderen wissen, wohin es geht, abwarten, was die Route hergibt, bevor wir überhaupt selbst losmarschieren. „Vertraut den neuen Wegen“ heißt es im Kirchenlied. Aber warum sollte man? Sollte man nicht erst einmal den alten, bekannten, ausgetretenen Wegen vertrauen? Den Wegen, bei denen Straßenschilder uns sagen, wo wir ankommen werden? 

„Leben heißt sich regen“, heißt es weiter in dem Lied. Und weil das so ist, „weil Leben wandern heißt“, bleibt es uns nicht erspart, uns immer wieder auf Neues einzustellen. 

„Mein Weg ist dem Herrn verborgen“ – das ist der Vorwurf an Gott, der im Buch des Propheten Jesaja zu finden ist. Gottes Gegenwart wird schwerlichst vermisst. Geht es uns denn heute anders, wenn wir uns nolens volens auf die Gegebenheiten einer Pandemie einzustellen haben? Sagen wir nicht auch: „Mein Weg ist dem Herrn verborgen“? Dabei ist Vertrauen gerade dann wichtig, wenn wir uns auf unbekanntes Terrain begeben, wenn wir nicht wissen, was uns erwartet. Wir brauchen gerade dann Halt und Vertrauen, wenn wir nicht wissen, worauf wir uns einlassen. 

„Ist Gott für uns, wer kann da wider uns sein“, heißt es bei Paulus. Wir sollten unser Leid, unsere negativen Erfahrungen nicht von Gott fernhalten wollen. Ebenso wenig sollten wir Gott dafür verantwortlich machen. Gott ist an unserer Seite, wenn wir auf neuen Wegen wandern. Vertrauen wir darauf.

 

Warum sprichst du denn, Jakob, und du, Israel, sagst:
Mein Weg ist dem HERRN verborgen,
und mein Recht geht vor meinem Gott vorüber?
Jesaja 40,27

Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist

Ein Leben in Zuversicht, ein Leben ohne Pessimismus – das ist die Herausforderung, die die Aktion 7 Wochen ohne in diesem Jahr stellt.

Hoffnung lässt uns nicht untergehen. Hoffnung gibt uns Kraft, Mut. Hoffnung motiviert uns.

Hoffnung lässt sich nicht mit einem Ziel im Leben gleichsetzen. Hoffnung lässt sich nicht abhaken. Was Paulus hier beschreibt, ist vielmehr ein Lebensgefühl. „Alles auf Hoffnung“ – für Paulus ist es der volle Einsatz. Weil Gottes Liebe in unser Herz ausgegossen ist. Weil Jesus für uns gestorben ist. Deshalb gibt es die Hoffnung, die Zuversicht. Und deshalb ist die Liebe die höchste Gabe, noch vor der Hoffnung und dem Glauben. Die Liebe Gottes bedingt alles andere.

Die Liebe Gottes ist in unser Herz gegossen. Wir sind geliebt. Von Gott geliebt. Und wenn wir diese Liebe spüren, spüren wir unsere Freiheit, spüren wir wie unsere Mauern überwunden sind. Wenn wir diese Liebe spüren, spüren wir den Heiligen Geist. Wir sind getragen. Getragen von Gottes Liebe. Getragen vom Heiligen Geist.

Gehen Sie doch mit dieser beschwingten Melodie in die Woche:

 

 

Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden;
denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen
durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.
Römer 5,5

Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren

Als wir noch Sünder waren: diese Formulierung ist typisch Paulus. Er sagt nicht: Jesus ist für uns gestorben, weil wir Sündern sind. Nein, Paulus macht die Perspektive weit auf: Wir waren Sünder, in unserem vorigen Leben, jetzt sind wir Heilige. Denn so spricht Paulus seine Mitbrüder und Mitschwestern an: „berufene Heilige“, oder auch: „von Gott Geliebte“.

Wer ein echter Christ ist, der ist durch den Glauben gerechtfertigt, der ist mit Gott versöhnt. Für Paulus ist das kein momentaner Zustand, sondern ein dauerhafter. Christ sein, das ist für Paulus eine Lebensentscheidung, die in ein neues Leben mündet.

Als wir noch Sünder waren: Mit dieser Sicht auf das eigene Leben können die meisten von uns heute nicht so viel anfangen. Als Schüler habe ich einmal im Reli-Unterricht eine Gideon-Bibel geschenkt bekommen. Darin kann man ausfüllen, wann man sich zum Christentum bekannt hat. Ich könnte da kein Datum angeben, nicht einmal eine Jahreszahl. Ich sehe mein Christsein eher als ein Wachsen. Das Gefühl, ein neues Leben zu leben, ist mir fremd. Ja, natürlich hat mein Glaube mein Leben bereichert. Ja, natürlich hat mein Glaube mein Leben verändert. Aber ich würde nicht von einem neuen Leben sprechen.

Als wir noch Sünder waren: Für mich gehört zu meinem Glauben, immer wieder meine Sorgen vor Gott zu bringen. Mich immer wieder Gottes Nähe zu vergewissern. Und: Gott immer wieder um den Mut zu bitten, Veränderungen in meinem Leben zuzulassen.

So, wie es Albert Frey in seinem Lied „Herr, ich komme zu dir“ tut:

Herr, ich komme zu dir,
und ich steh’ vor dir, so wie ich bin.
Alles, was mich bewegt, lege ich vor dich hin.
Herr, ich komme zu dir,
und ich schütte mein Herz bei dir aus.

Und am Schluss des Liedes heißt es:

Gib mir ein neues, ungeteiltes Herz.
Lege ein neues Lied in meinen Mund.

 

 

 

Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin,
dass Christus für uns gestorben ist,
als wir noch Sünder waren. 
Römer 5,8

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