Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem

jerusalem

Jerusalem ist das Ziel. 754 Meter über dem Meeresspiegel. Es ist ein ordentlicher Anstieg, den man bewältigen muss. An diesem Sonntag ist es nur der Blick, der noch oben geht, hoch gen Jerusalem.

Ab dem Aschermittwoch setzen wir uns im Kirchenjahr in Bewegung. Die Marschrichtung ist vorgegeben: hin zu Jesu Tod und Auferstehung. Heute ist noch Ruhetag. Gebannt schauen wir auf Jerusalem, die Schöne. Wir packen den Rucksack. Bald schon geht es los.

Am Anfang des Weges stehen an den kommenden Sonntagen Versuchungsgeschichten.  Sie lassen uns am Anfang des Wegs noch innehalten. Uns innerlich vorbereiten, wenn wir uns auf die Reise machen.

Heute aber sind wir einfach nur voller Vorfreude, dass es bald losgeht. Reisefieber ist in uns. Wir sind nicht so unwissend wie die Jünger bei der dritten Ankündigung von Jesu Leiden und Sterben. Und doch wissen wir nicht: was wird uns auf dem Weg nach Jerusalem alles begegnen?

Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem,
und es wird alles vollendet werden,
was geschrieben ist durch die Propheten
von dem Menschensohn.

Lk 18,31

Bild: MaciejJaszczolt/pixabay.com

Ich will ihn versöhnen, danach will ich ihn sehen. Vielleicht wird er mich annehmen

Jakob hat Angst. Er soll seinen Bruder treffen. Sich wieder mit Esau versöhnen. Reich ist er geworden, eine beachtliche Herde ist Jakobs Besitz. Und am Jabbok erzwingt er sich eine Art zweite Segnung durch Gott – nachdem er sich den Erstgeburtssegen mit einer List erschlichen hatte.

Jakob hat Angst. Esau hatte sich geschworen, Jakob umzubringen, sobald ihr Vater Isaak gestorben war. Damals. Und heute?  Gott selbst ist es, der die Versöhnung einleitet: „Mach dich auf, zieh aus diesem Land und kehre zurück in das Land deiner Verwandtschaft.“

Jakob macht sich auf. Widerwillig, das spürt man. Und voller Angst. Wie wird Esau reagieren? Ein Friedensangebot schickt er voraus: ein Geschenk. Ein großes Geschenk: zweihundert Ziegen, zwanzig Böcke, zweihundert Schafe, zwanzig Widder  und dreißig säugende Kamele mit ihren Füllen, vierzig Kühe und zehn junge Stiere, zwanzig Eselinnen und zehn Esel. Das muss doch Esau besänftigen… Zusätzlich unterteilt Jakob Besitz und Menschen in zwei Gruppen, damit eine wenigstens überlebt.

Schließlich dann die Begegnung: alle Sorgen umsonst. Jakob muss Esau fast dazu zwingen, sein Geschenk anzunehmen, bietet Jakob an, gemeinsam weiterzuwandern. Versöhnung.

Versöhnung braucht Zeit. Versöhnung braucht Einsicht. Versöhnung braucht Mut.

Ein Jahr dauert der Krieg in der Ukraine bald an. Ein Jahr sinnloser, brachialer Gewalt. Wie lange wird es brauchen, bis irgendwann von Versöhnung gesprochen wird? Ich fürchte: länger als Jakob sich bei Laban versteckt hat.

Ich will ihn versöhnen
mit dem Geschenk, das vor mir hergeht.
Danach will ich ihn sehen;
vielleicht wird er mich annehmen.
1. Mose 32,21

Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem,
und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist
durch die Propheten von dem Menschensohn.
Lk 18,31

Hier finden Sie die Gedanken zum Wochenspruch Lk 18,31 aus dem Jahr 2020  und 2019.

Weisheit von oben

sunflower-gbc01f23a6_1920Des Menschen Wille und Gottes Wille, des Menschen Pläne und Gottes Pläne: oft genug gehen sie so gar nicht in eins.

Weisheit kommt von oben, von Gott her. Und Gottes Weisheit ist nicht mit menschlicher Weisheit gleichzusetzen, so gar nicht.

Menschliche Weisheit ist oft genug mit Torheit gleichzusetzen. Losgelöst von Rationalität, von Mitmenschlichkeit werden Entscheidungen getroffen. Einsichten werden gefunden, über die man sich nur wundern kann. Menschliche Weisheit geht manchmal sehr sonderliche Wege. Wo wird das deutlicher als in unseren Tagen, wo ein Krieg in Europa ausgebrochen ist, ein sinnloser Krieg.

Gottes Weisheit verzweigt sich in die ewigen Gebote„, heißt es im Buch Jesus Sirach, das in der protestantischen Kirche zu den Apokryphen gezählt wird. Gottes Weisheit ist also auch bei uns erkennbar, wir können sie also wahrnehmen, wenn wir nur wollen. Letztlich unterscheidet sich Weisheit von Torheit ganz einfach dadurch, ob sie in Gott wurzelt oder in eigenem Machtstreben, im eigenen Kopf.

Mit in diese Woche möchte ich Ihnen noch ein Gebet von Heinrich Bedford-Strohm geben, das er auf Facebook veröffentlicht hat:

Ewiger Gott,
vor Dich bringen wir an diesem Tag unsere Fassungslosigkeit, unsere Trauer und unseren Zorn. Die diplomatischen Bemühungen, auf die wir so gehofft hatten, haben nicht zum Ziel geführt. Die Sprache der brutalen Gewalt gibt jetzt den Ton an. Der Machthunger hat die Oberhand behalten gegenüber der Vernunft.
Sei Du jetzt bei den Menschen in der Ukraine, die durch die Gewalt der Waffen in Not und Gefahr sind. Lass sie spüren, dass überall auf der Welt Menschen für sie beten.
Sende Du Deinen Geist in die Herzen derer, die verantwortlich sind für aggressive Gewalt. Lass sie erkennen, dass durch die Gewalt alle verlieren. Öffne ihre Herzen, dass sie sich anrühren lassen von dem leid, dass ihre Gewalt verursacht.
Sei bei denen, die jetzt politische Verantwortung tragen und die richtigen Entscheidungen zu treffen haben. Öffne Wege, der militärischen Gewalt die Klarheit in der Verurteilung des Unrechts, wirksame Gegenmaßnahmen und eine Deeskalation der Gewalt entgegenzustellen.
In uns allen stärke das, was die Basis unseres Lebens ist: Stärke unseren Glauben. Stärke unsere Hoffnung. Stärke unsere Liebe.
Auf dich vertrauen wir – auch jetzt.
AMEN

Denn die Weisheit ist vor allem geschaffen;
Verstand und Einsicht sind von Ewigkeit her.
Das Wort Gottes in der Höhe ist die Quelle der Weisheit,
und sie verzweigt sich in die ewigen Gebote.
Gott lieben, das ist die allerschönste Weisheit.
Und er gewährt sie, denen er sich zeigt, sodass sie ihn schauen.

Jesus Sirach 1, 4-14 (in Auszügen)

Bild: jimmyxrose/pixabay.com

Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten

Photo by Sebastian Voortman on Pexels.com

Gott ist überall. Gott ist immer da. Gott begleitet uns. Gott ist, der er ist: gestern, heute und morgen.

Das alles sind Worte, die vertrauen lassen. Aber sie sind nichts gegen die Worte, die der Psalmbeter im 139. Psalm wählt. Bild an Bild reiht er, bis hin zum Flug hinein in die Morgenröte, bis ans äußerste Meer.

Liebe, Zuneigung, Vertrauen: sie alle brauchen mehr als rationale Beschwörungen. Liebe braucht Gesten und Bilder, sie will gefühlt werden, nicht verstanden.

Träumen wir uns hinein in Gottes Liebe, wenn die Sonne am eisig kalten Morgen aufgeht und die Welt in Farbe taucht. Auf dass unser Herz erwärmt wird und sie unser Leben zum Leuchten bringt.

Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten.
Ps 139,9f.

Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was geschrieben ist

Passionszeit – Aufbruchszeit 

Aufbrüche und Neuanfänge gehören zu unserem Leben. Manchmal sind sie gewollt, manchmal werden wir nicht danach gefragt, ob wir aufbrechen wollen oder nicht.

Manche unserer Aufbrüche misslingen, manche verzögern sich. Andere wiederum gelingen leichter als gedacht.

Letztlich ist jeder Aufbruch eine Sollbruchstelle. Man lässt etwas hinter sich, dafür lässt man sich auf etwas Neues ein. Veränderungen gehören zum Leben.

Auch Jesus bricht auf. Nach Jerusalem. Zu seiner letzten Reise. Allerdings: er weiß, was auf ihn zukommt. Und ich glaube, er ist froh, dass er diese Reise nicht allein antreten muss. Auch wenn seine Jünger nicht verstehen, was er ihnen mit seiner Ankündigung mitteilen will.

In den kommenden Wochen der Passionszeit werden wir Jesu Aufbruch nach Jerusalem immer wieder bedenken.

Wenn wir die Zeit nutzen, um über die Aufbrüche in unserem Leben nachzudenken, wo ein Aufbruch dringend notwendig wäre, wo unser Aufbruch an kein Ziel kam, wo wir etwas in unserem Leben verändern sollten, dann wird die Passionszeit auch für uns zu einer Aufbruchszeit.

Anregungen gefällig? Bitte sehr:

 

Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem,
und es wird alles vollendet werden,
was geschrieben ist durch die Propheten von dem Menschensohn.

Lk 18,31

Meine Predigt des heutigen Sonntags zu Lk 18, 31-43 lässt sich hier abrufen.

Eins aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden. 

Jesus ist zu Gast bei Marta. Die bedient alle, schuftet in der Küche. Ihre Schwester Maria hingegen hört Jesus zu.

Warum stellt sich Jesus in der Geschichte von Marta und Maria so einseitig auf die Seite der Maria? Er nimmt Maria in Schutz. Sie habe das gute Teil erwählt, sagt Jesus.

Das wirkt auf uns heute befremdlich. Freuen wir uns nicht viel mehr über die umtriebigen Mitglieder der Gemeinde, des Vereins? Brauchen wir nicht die Mitarbeiter, die ordentlich anpacken können? Die sich ungefragt zum Auf- und Abbau melden? Freuen wir uns nicht am meisten über die, die von sich aus ihre Mitarbeit anbieten, die immer Zeit haben, wenn man sie fragt? Und sind es nicht die, auf die wir in der Gemeinde bauen können?

Sicherlich: so ist es. Die umtriebigen Mitglieder der Gemeinde sind es, die eine Gemeinde am Leben erhalten. Jesus verneint dies nicht. Er denkt auch an Marta. Und deshalb sagt er so freundlich und direkt, was er bei ihr beobachtet: Marta, du kümmerst dich um so vieles. Aber es ist weniger nötig, als du glaubst. Marta, so lange ich hier bin, sollst auch du mir zuhören. Das Essen und Trinken ist doch nicht das einzige in unserem Leben, was wichtig ist. Marta, ich bin nur einmal bei euch zu Gast. Du hast mich eingeladen, Marta – erinnerst du dich?

Es geht nicht darum, dass wir Marta und Maria gegeneinander ausspielen. Beides ist wichtig: Hören und Dienen, Wort und Tat, Muße und Arbeit. Was uns Marta und Maria vielmehr lehren ist, dass wir bei all dem, was uns umtreibt, nicht vergessen, auch für uns selbst zu sorgen. Dass wir nicht nur das leibliche Wohl der anderen, sondern auch unser eigenes Wohlbefinden im Blick behalten. Dass wir uns auch erlauben, eine Auszeit zu nehmen, weil wir uns nicht nur ums leibliche Wohl kümmern sollen. Dass wir uns von den kleinen Dingen nicht blenden lassen, sondern das Große im Blick behalten: dass unsere Zeit nicht in unseren Händen, sondern in Gottes Händen ist.

Die vorliegenden Gedanken sind ein Auszug aus meiner Predigt am 3.3.2019 in Tuningen und Talheim. Die komplette Predigt finden Sie hier: Predigt zu Lk 10

Eins aber ist not.
Maria hat das gute Teil erwählt;
das soll nicht von ihr genommen werden. 

Lukas 10,42

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