Wie schwer sind für mich, Gott, deine Gedanken!

Wofür machen wir Gott verantwortlich?
Für Erdbeben?
Überschwemmungen?

Alles menschengemacht, höre ich sagen.
Und wenn nicht?
Die Erde ist nicht für uns allein da.
Wir sind Teil der Natur.

Es gibt niemanden, der uns das Leben so plant,
dass es ohne Schmerz und Leid dahinplätschert.
Ich selbst muss es leben und planen.
Wenn ich aufwache, mache ich mir das immer wieder klar.

Es gibt niemanden, der mir den Glauben abnimmt,
niemanden, der für mich nachdenkt und überlegt,
Glaubenssätze muss ich selbst erkennen.
Immer wieder aufs Neue.


Wie schwer sind für mich, Gott, deine Gedanken! 
Wie ist ihre Summe so groß! 
Wollte ich sie zählen, 
so wären sie mehr als der Sand: 
Wenn ich aufwache, bin ich noch immer bei dir. 
Ps 139,17f. 

Christus Jesus hat dem Tode die Macht genommen
und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht
durch das Evangelium.

2 Tim 1,10

Gott lieben, das ist die allerschönste Weisheit

legs-1031653_1280Es ist weise, Gott zu lieben. 

Dass Liebe eine Weisheit ist, ist eine steile These im Buch Jesus Sirach.
Liebe ist Liebe. Nicht weniger. Aber Weisheit? Angelernt und trainiert? 

Bewährt im Leben lässt es sich wohl treffender formulieren. Liebe bewährt sich, entwickelt sich, weil sie auf Vertrauen basiert. 

Wer Gott nicht mehr lieben kann, wie es in den Klageliedern deutlich wird, weil die Erfahrungen im Leben ganz anders sind, der fällt bei starkem Wind um. Mühsam gilt es, sich wieder aufzurichten, Hoffnung und Geduld müssen neu gelernt werden. 

Glaube, Liebe, Hoffnung: dass die Liebe in dieser Trias am höchsten steht, hat seinen Grund. Wer liebt, steht stabil. 

 

Der Herr selbst hat die Weisheit geschaffen 
und gibt sie denen, die ihn lieben. 
Gott lieben, 
das ist die allerschönste Weisheit. 
Und er gewährt sie denen er sich zeigt, sodass sie ihn schauen. 
Jesus Sirach 1,9.13f.

Meine Seele ist aus dem Frieden vertrieben. 
Ich habe das Gute vergessen. 
Klagelieder 3,17

Bild:pixabay.com

Die Wochenimpulse aus früheren Jahren zu diesem Sonntag finden Sie hier.

Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit

DSC_0491Der Vorhang geht auf. Die Scheinwerfer gehen an. Alle Augen sind nach vorne gerichtet. Ein Strahlenkranz lenkt die Augen hin zum Zentrum des Geschehens.

Wer Psalm 145 liest, dem wird schnell klar, dass der Psalmbeter kein Interesse daran hat, Gott als den fernen Weltenrichter und Weltenlenker darzustellen. Das Lob Gottes steht vielmehr im Vordergrund, und das ist verknüpft mit den Erfahrungen des Beters.

Güte, Gnade und Barmherzigkeit sind die Eigenschaften, die der Psalmbeter nennt. Es ist ein nahbarer Gott, der im Psalm besungen wird. Ein Gott, der für die Menschen da ist. Der sie aufrichtet, wenn sie niedergeschlagen sind, der ihr Schreien hört. Kein Gott, der aus der Ferne unbeteiligt auf die Menschen herabschaut.

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In Psalm 145 finden wir einen Gott, der sich um das Wohlergehen der Menschen sorgt. Ein Gott, der verspricht: ihr bekommt zu essen zur rechten Zeit.

Vielerorts wurde heute im Gottesdienst das Erntedankfest gefeiert. Ein Fest, das heute dazu anregt, sich mit der Nachhaltigkeit der Ernährung zu beschäftigen, damit unser Essen nicht als selbstverständlich betrachtet wird.

Erntedank ist aber auch ein Fest, das den Blick lenkt auf die Menschen, denen nicht gegeben wurde,  auf die Menschen, die bitten, weil sie nicht genug zum Leben haben.

Hier ist nicht übertragen vom Essen die Rede, sondern ganz konkret. Es geht um das, was der Mensch zum Leben braucht.

All dies sehen wir in der Skulptur, die in einer Brüsseler Kirche aufgestellt ist. Die Menschen wenden sich Jesus zu  –  bittend, flehend. Es fehlt ihnen an dem, was sie zum Leben brauchen.

dsc_0487.jpgUnd Jesus wendet sich, vom Kreuz herab, ihnen zu. In der brüchig gewordenen Welt sind wir fern davon, dass alle satt werden, dass alle genug zu essen haben, dass alles das haben, was sie zum Leben brauchen.

Und doch gilt, was der Psalmbeter vor 3000 Jahren niedergeschrieben hat: Gott der Herr hört die Schreie der Menschen. Wir haben heute nicht mehr die Vorstellung, dass Gott ins Weltgeschehen eingreift und die Börsenspekulanten, die mit Weizenpreisen zocken, vom Himmel herab bestraft.

Gott ist auf die Welt gekommen, näher zu den Menschen als die sich vorstellen konnten. Und so können wir uns darauf verlassen, dass es unter uns Menschen gibt, die uns die Nähe Gottes spüren lassen, indem sie die Nöte derer, denen es am Lebensnotwendigen fehlt,  ernst nehmen und das Flehen und Schreien der Menschen weitertragen in die Welt.

 

Aller Augen warten auf dich,
und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.
Ps 145,15

Er hat dem Tod die Macht genommen und das Leben ans Licht gebracht

Dem Tod die Macht nehmen? Das Leben ans Licht bringen? Was heißt das für unser Leben? Ich will dazu einen kleinen Umweg gehen, über die Geschichte von Kain und Abel:

Es begab sich aber nach etlicher Zeit, dass Kain dem HERRN Opfer brachte von den Früchten des Feldes. Und auch Abel brachte von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Und der HERR sah gnädig an Abel und sein Opfer, aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an. Da ergrimmte Kain sehr und senkte finster seinen Blick.

Da sprach der HERR zu Kain: Warum ergrimmst du? Und warum senkst du deinen Blick? Ist’s nicht so: Wenn du fromm bist, so kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür, und nach dir hat sie Verlangen; du aber herrsche über sie. Da sprach Kain zu seinem Bruder Abel: Lass uns aufs Feld gehen! Und es begab sich, als sie auf dem Felde waren, erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und schlug ihn tot. Da sprach der HERR zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er sprach: Ich weiß nicht; soll ich meines Bruders Hüter sein? Er aber sprach: Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde.

 Gen 4,3-10

Langsam wendete Kain sein Gesicht ab. Gott hatte seinen Bruder lieb, nicht ihn. Hatte. Das war jetzt vorbei. Zeiten ändern sich. Alles wird wieder wie früher, wo Gott auch ihm Beachtung schenkte. Die Welt war für Kain aus den Fugen geraten. Jetzt hatte er sie wieder eingerenkt. Gott musste ihn wieder annehmen, so wie er Abel angenommen hatte.

Eine Weile wird er noch warten müssen, bis Gott die Suche aufgegeben hat, die Suche nach diesem Abel, nach seinem Bruder, der ihm so viel Kummer bereitete. Niemals hätte er sich mit seinem Schicksal abfinden können.

Abel, der Sanfte, der Gutmütige: der hätte das gekonnt, und der hätte dabei wahrscheinlich auch noch gelächelt. Aber Kain, der Ackermann, der hart den Spaten in die Erde stieß: er konnte den Spaten nicht weglegen, er musste zuschlagen mit diesem Spaten. Ein Mörder? Vielleicht. Ein Eiferer für Gerechtigkeit? Nicht zu verneinen. Der Liebling Gottes? Immer schon.

Wie sehr der Tod die Macht über uns hat, zeigt die Geschichte von Kain und Abel sinnbildlich. Es geht nicht darum, wie wir sterben, ob wir darauf warten, endlich sterben zu dürfen, oder ob wir nicht sterben wollen. Es geht darum, ob wir in unserem Leben dem Tod bereits Raum gegeben haben. Ob wir also als Lebende letztlich schon tot sind.

In der Bibel, auch in der Geschichte von Kain und Abel, finden wir (zumindest in der Luther-Übersetzung) dafür das Wort Sünde. Gott sieht, wenn wir in Sünde verstrickt sind, und Gottes erster Gedanke ist es nicht, uns zu bestrafen. Nein, wir sind die Lieblinge Gottes, die Kinder Gottes, und wenn wir uns mit tödlichen Mächten einlassen, so leidet Gott darunter. Frei sollen wir den Blick erheben, fromm und frei sein. Wer fromm und frei ist, kann sich nicht niederdrücken lassen, kann nicht von der Sünde beherrscht werden. Wenn die Sünde über uns herrscht, dann hat der Tod die Macht über uns.

Klar gesagt: Damit können nicht moralische Verfehlungen gemeint sein – sie gibt es, aber sie herrschen nicht über uns. Was uns beherrscht ist alles, was uns dauerhaft in Beschlag nimmt und uns den freien Blick versperrt. Wo haben wir das Steuer unseres Lebens abgegeben, wo lassen wir uns wie Kain in die Irre leiten?

Gott selbst ist es, der Kain befreit aus seiner Verstrickung – das Kainsmal ist das Zeichen dafür, dass der Tod nicht die Macht über das Leben des Kain hat. Niemand darf Kain, den Mörder töten, das Mal auf seiner Stirn schützt ihn. Kain ist ein Mörder, ja, aber ein Totgeborener, das soll er nicht sein, ist Gottes Wille.

Wo hat der Tod Macht in unserem Leben? Wo müssten wir – endlich einmal! – Stricke durchtrennen und uns aus unseren Verstrickungen befreien? „Dem Tod das letzte Wort absprechen, das ist Leben. Das ist der Sinn deines Lebens“ – so hat es Huub Oosterhuis in seinem Glaubensbuch „Alles für alle“ (erschienen 2018 bei Patmos) formuliert. Manchmal braucht es da Gottes Hilfe, um wieder fromm und frei zu sein.

 

Er, Jesus Christus, hat dem Tod die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium.
2. Tim 1,10

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