Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken

brunnenIch will euch erquicken…

Erquicken – was für Wort.
Quicklebendig steckt da drin.
Keck ebenso, denn in manchen Gegenden entstand aus dem Wort quick das Wort keck.
Keckquellen heißen in meinem Heimatort die Quellen, die für das – frische –  Trinkwasser sorgen.

Ich will euch erfrischen…
An einen Brunnen denke ich da.
An einen heißen Sommertag.
Durst stellt sich ein.
Und dann ist da am Wegrand ein Brunnen.
Trinkwasser steht am Hahn.
Eine kühle, wohltuende Erfrischung für die Wanderer.

In Psalm 23 heißt es, dass Gott die Seele erquickt. Wie ein Glas Wasser an einem heißen Sommertag. Wie eine kühle Brise, die einen wieder durchatmen lässt.

Gott – ein Brunnen? Ja!

Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid;
ich will euch erquicken.
Mt 11,28

 

Bild: Rainer Sturm/pixelio.de

Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken

Immer wenn es regnet, Bruder,
kehr‘ ich in mich
Und denk viel nach.

Der Rapper Azad besingt in seinem Lied „Immer wenn es regnet“ das Leben in der „Krise“: die Hoffnungslosigkeit, die Verzweiflung, die Einsamkeit, das Scheitern.

Düster sind die Bilder, die Azad verwendet, um seinen Schmerz zu beschreiben: eine drückende, bleischwere Last, die ihn gefangen nimmt, ein im Sturm gefangenes Boot. Der Kopf ist voll, die Brust drückt, er ist am Boden, am Abgrund, Schreie quetschen sich zwischen die zur Selbsttherapie  niedergeschriebenen Zeilen.

Azad wartet auf das Ende des Regens, auf das Ende des Leidens:

Frag mich, wann die Wolkendecke aufbricht
und das Licht strahlt,
ich strahle und mich nichts plagt

Er kämpft selbst gegen das Gefühl, das ihm den Atem zum Leben nimmt, an, will gegenlenken und treibt doch immer weiter ab, ohne sein Glück zu erreichen, ohne wieder heiter zu werden. Trost, so scheint es, findet er nur noch in der Musik. Nur sie kann seine Wunden verbinden, nur ihr gelingt es, seine Ängste und Nöte aufs Papier zu bringen. 

In seiner Klage wirkt Azads „Immer wenn es regnet“ wie ein moderner Psalm. Wie der Psalmbeter ist er von seinem Schmerz und Leid gefangen und sucht nach einem Ausweg. Wie der Psalmbeter weiß er aus Erfahrung, dass Selbsttherapie nicht immer funktioniert, dass man sich selbst nicht trösten kann.

Die Sehnsucht nach Leichtigkeit, nach Freiheit, lässt den Blick nach oben lenken:

Bet‘ und flehe: Schick mir deinen Segen

Von hier, von Gott, vom Himmel, erhofft er sich Trost.

Als Kurde im Iran geboren, würde Azad sich selbst wohl nicht als Psalmist bezeichnen. Die Erfahrung, die seinem Lied aber innewohnt, spiegelt genau das, was die Psalmen ausmacht. Ganz ungeschminkt, versunken im Sumpf des eigenen Leids, steht die Klage. Sie überhaupt erst einmal loszuwerden, ist die zentrale Absicht.

Und im Klagen erfolgt – bei Azad immer wieder in sein Klagen eingebaut – die Bitte um Hilfe. Er weiß, dass er nicht auf sich allein gestellt ist. Die Bitte um Hilfe ist zugleich die Bitte um Trost.

Wie lassen wir uns trösten? Durch Musik, wie es in dem Lied auch heißt? Durch andere Bilder, die wir in unseren Kopf lassen? Durch den Blick nach oben, in den geöffneten Himmel? Vielleicht ja auch durch den Wochenspruch, der uns in der kommenden Woche begleitet:

Kommt her zu mir,
alle, die ihr mühselig und beladen seid;

ich will euch erquicken.
Mt 11,28

Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken.

Mühselig und beladen.
K.o.
Fix und fertig.

Eine Wanderung, die zu lange ging, weil man einmal die falsche Abzweigung genommen hat. Man spürt seine Füße. Lässt sich erschöpft niedersinken, wenn man es doch geschafft hat. Freut sich darauf, jetzt wieder mit dem Auto oder dem Zug nachhause zu fahren. Einfach nur sitzen zu können. Die Beine ausstrecken.

Trauer, die zu lange dauerte, weil man den Weg zurück ins Leben nicht wieder gefunden hat. Man spürt: jemand fehlt. Zieht sich zurück, will am liebsten allein sein. Unvorstellbar: der Weg zurück ins bunte Leben. Ist dankbar, dass es Menschen gibt, die einen mitziehen, rausholen aus der eigenen Höhle. Der eigenen Hölle.

Eine Enttäuschung, die tief geht. Eine Prüfung nicht bestanden. Natürlich hat man es kommen sehen, es hätte aber auch anders ausgehen können. Man spürt: Unzufriedenheit, Ärger, Wut. Pläne sind zunicht gemacht. Andere Entscheidungen müssen jetzt getroffen werden. Und dann festigt sich das Wissen, dass es weitergehen wird. Anders halt. Aber es wird weitergehen. Shit happens.

Zittern.
Runterkommen.
Kraft schöpfen.

Ich will euch erquicken.
Gott will mich erquicken.
Gott lässt mich ruhig werden.
Meine Zeit: in Gottes Händen.
Immer.

 

Kommt her zu mir, alle,
die ihr mühselig und beladen seid;
ich will euch erquicken.

Mt 11,28 

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