Bereitet dem Herrn den Weg

container-ship-gc3f52608c_1280Da kommt etwas auf uns zu. So gewichtig wie ein schwer beladenes Containerschiff. Wuchtig und gewaltig liegt es im Ozean. Imposant.

Es ist nichts, was uns Angst machen müsste. Keine Lasten, die wir schultern müssen. Keine Arbeit, die auf uns wartet. Auch wenn das Schiff randvoll beladen ist. 

Es kommt ein Schiff, geladen
bis an sein’ höchsten Bord,
trägt Gottes Sohn voll Gnaden,
des Vaters ewigs Wort.

Die Schiffsladung: Gnade, die nur darauf wartet, ausgeladen zu werden. Und, in Anspielung auf das Johannes-Evangelium: Jesus, Gottes Wort – das Wort wird „Fleisch“. Noch aber ist das Schiff noch nicht am Hafen, noch ist es nicht bei uns angekommen. 

Das Schiff geht still im Triebe,
es trägt ein teure Last;
das Segel ist die Liebe,
der Heilig Geist der Mast.

Schauen wir uns dieses Schiff mit seiner wertvollen Ladung, der „teuren Last“, näher an. Segel und Mast hat es. Das Segel, das das Schiff vorantreibt, ist die Liebe. Die Liebe Gottes zu den Menschen. Das Segel ist am Mast befestigt, die Liebe gehört zum Heiligen Geist, ist in ihm fest verankert. So ist der Heilige Geist nicht das Steuerrad, das die Richtung vorgibt, wie man vielleicht erwartet hätte, sondern der feste Haltepunkt der Liebe. Ein schönes Bild! 

Lassen wir es ankommen: 

Der Anker haft’ auf Erden,
da ist das Schiff am Land.
Das Wort will Fleisch uns werden,
der Sohn ist uns gesandt.

Nun also ist das Schiff im Hafen fest vertäut, der Anker heruntergelassen. Und doch ist es noch ein Moment des Wartens. Das Wort will Fleisch werden, es ist noch nicht soweit, die Gangway ist noch nicht heruntergelassen. 

Beschauen wir uns die kostbare Fracht: 

Zu Bethlehem geboren
im Stall ein Kindelein,
gibt sich für uns verloren;
gelobet muss es sein.

Das also ist die Fracht, eine gar leichte: ein „Kindelein“. Die Schiffsmetaphorik hat ausgedient, nun geht es ans Eingemachte, an den theologischen, mahnenden Teil: 

Und wer dies Kind mit Freuden
umfangen, küssen will,
muss vorher mit ihm leiden
groß Pein und Marter viel,

Von der Geburt ist der bogen zu Jesu Tod geschlagen. Die Frachtpapiere werden genau inspiziert. Start- und Zielhafen gemeinsam in den Blick genommen. Zum Christsein, sagt das Lied, das aus dem Mittelalter stammt, gehört das Angenehme, das Umarmen und Küssen, gemeinsam mit Leid und Schmerz. Das eine gibt es nicht ohne das andere. 

danach mit ihm auch sterben
und geistlich auferstehn,
das ewig Leben erben,
wie an ihm ist geschehn.

Und schließlich: mit Jesus sterben, mit Jesus auferstehn, genauer: „geistlich auferstehn“, wie es Paulus umschrieben hat. Die Geburt des Kindeleins ist nichts anderes als das Versprechen auf eine Neugeburt, ein Leben nach dem Tod. Also: keine abstrakte Theologie, kein Verweis auf die Sühne, sondern der Blick auf den Inspizienten der Ladung: er hat eine Verantwortung, aber auch ein Versprechen: das ewige Leben. 

Maria, Gottes Mutter,
gelobet musst du sein.
Jesus ist unser Bruder,
das liebe Kindelein.

In den evangelischen Gesangbüchern fehlt diese letzte Strophe. Die Auflösung, wenn man so will, die das Mittelalter parat hat: Maria ist das Schiff, das Jesus in die Welt bringt, die Trägerin der „teuren Last“. Und auch hier richtet sich der Blick des Liedes noch einmal auf seinen Leser, der am Hafen steht und die Fracht begutachtet. Jesus, das Kindelein, der Auferstandene: er ist Bruder. So modern das klingt, so alt ist die Bezeichnung für Jesus als Bruder. Was du einem deiner Brüder getan hast, das hast du mir getan, sagt Jesus. 

Heute, am dritten Advent, ist das unser Versprechen, unsere „teure Last“. 

Bereitet dem Herrn den Weg, 
denn siehe, der Herr kommt gewaltig. 
Jes 40,3.10

Bild: dendoktoor/pixabay.com

Durch Stillesein und Vertrauen würdet ihr stark sein

Die Nacht ist angebrochen. Hell scheint der Mond am Himmel, er leuchtet in die Nacht. Stille ist angebrochen. Der Lärm des Tages ist verstummt. Nebel zieht auf. Und Matthias Claudius dichtet 1779:

Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.

Wie ist die Welt so stille,
Und in der Dämmrung Hülle
So traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
Wo ihr des Tages Jammer
Verschlafen und vergessen sollt
.

Die Welt ist still geworden. Nicht nur in der Nacht. Nicht nur zur Weihnachtszeit. In diesem Jahr ist die Welt viel früher still geworden. Es scheint so, als würde die Zeit langsamer vergehen. Es scheint so, als ob ein Tuch, eine Decke über die Welt gelegt wurde. Warten ist angesagt. Abwarten wie sich alles entwickelt. Abwarten, wie es weitergeht. Abwarten, was kommt.

Das Warten ist gefüllt mit Ungeduld und ist vermengt mit Unsicherheit. Solch ein Warten fällt manchen leichter als anderen. Dieses Warten findet bei uns statt: in unseren Häusern, in unseren Familien, in uns selbst. Wie wichtig ist es da, der Ungeduld, der inneren Unruhe etwas entgegenzusetzen, jetzt, wo nichts mehr normal, nichts wie immer ist.

Wie wichtig ist da eine stille Kammer, ein Ort, an den man sich zurückziehen kann, wo man sich „traulich und hold“ einrichten kann. Ein Wohlfühlort, ein Kraftort, ein Ort der Stille. Ein Ort gegen die Sorgen, die uns lähmen. Nur: Verschlafen und vergessen, das gelingt uns in diesen Tagen nicht ohne Weiteres. Leider.

Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet,
so würde euch geholfen;
durch Stillesein und Vertrauen würdet ihr stark sein.
Jes 30,15

Bereitet dem Herrn den Weg; denn siehe, der Herr kommt gewaltig

sculpture-2196139_1280„Manches kommt anders, als man denkt“, dachte er sich, als er wieder im Auto saß. Er wunderte sich noch immer darüber, dass Frank ihn erkannt hatte. Er rechnete nach: es mussten 30 Jahre sein, vielleicht sogar ein, zwei Jahre mehr, als sie zusammen im Sportverein waren. Ein paar Jahre danach zog er weg, zu Besuch war er dann ein, zweimal im Jahr wieder da, nie länger als drei Tage.

Seit einem Jahr nun wohnte er wieder hier. Dass ihn jemand nach so langer Zeit wieder erkennt, hätte er nicht für möglich gehalten. Was für eine Überraschung!

Er war sich sicher, dass Frank nicht wusste, wie sehr er sich darüber freute. Zumindest war er sich sicher, dass man ihm seine Freude nicht ansehen konnte. Zu überrascht war er, als er angesprochen wurde. Zu sehr damit beschäftigt nachzudenken, woher er ihn überhaupt kennen konnte – bevor er schließlich nachfragen musste. Außerdem hatten sie sich an der Tankstelle getroffen. Kein Ort, an dem man ins Gespräch kommt, an dem man länger verweilt.

Das Beste, was ihm geschah, passierte immer zufällig. Kein langes Draufhinarbeiten, keine erfüllten Erwartungen, nichts Geplantes. Das Überraschende war es, das ihn verzaubern konnte.

Der Weihnachtsstern zum Beispiel, den er im Frühjahr in den Wintergarten stellte, und der plötzlich wieder austrieb. Die Palme, die mitten im Winter austrieb und ihre herrliche weiße Blütenpracht zeigte.

Die Freude über einen Kaktus, der nach Jahren zum ersten Mal blüht, über den Weihnachtsstern, der noch einmal austreibt, über die Palme, bei der plötzlich eine Blüte austreibt – man kann diese Freude nur verstehen, wenn es die eigenen Pflanzen sind.

So ist es auch mit Gott. Weil er sich um uns sorgt, ist unser Schicksal ihm nicht egal. Wir sind Gottes Kinder. Gotteskinder. Gott drängt sich aber nicht in unser Leben. Wir bauen ein Verhältnis zu ihm auf, das – wie jede Beziehung – wandelbar ist, Veränderungen unterworfen. Überraschungen gehören da auch dazu. Gott sei Dank!

Bereitet dem HERRN den Weg; denn siehe, der HERR kommt gewaltig.
Jesaja 40,3.10

Bild: Couleur/pixabay.com

Meine Gedanken zu diesem Wochenspruch aus dem Jahr 2018 finden Sie hier.

Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem Herrn den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott!

3. Advent 020Wann sind Sie das letzte Mal getröstet worden? Es muss schon etwas ziemlich Gravierendes passieren, dass wir heute von Trost sprechen.

„Tröstet, tröstet mein Volk“ fordert Gott die Propheten im 40. Kapitel des Buches Jesaja auf. Trösten sollen sie das Volk Israel, das im babylonischen Exil ausharrt. Der Weg, der gebaut werden soll, die Bahn, die geebnet werden soll – es ist die Straße, die in die Heimat führt, die Straße der Rückkehr nach Israel. Man kann sich diese außergewöhnliche Prozession lebhaft vorstellen: ein Zug mit vollbepackten Wagen, dazwischen springen Kinder herum, manche haben es besonders eilig und führen den Zug an, ja eilen voraus.

Wenn dieses Bild uns in die kommende Woche geleiten will, so gilt es zweierlei zu bedenken:

1. Zunächst einmal ist es Gott, der hier etwas tut, und nicht der Mensch. Gott ermöglicht die Rückkehr, Gott bewirkt Veränderung.

2. Ja, auch wir Menschen können etwas tun. Wir können den Weg bereiten, die Bahn ebnen, heißt: wir können Veränderung zulassen.

In dem Lied „Mit Ernst, o Menschenkinder“ aus dem Evangelischen Gesangbuch (EG 10) hat Valentin Thilo (1607-1662) sich Gedanken gemacht, wie wir Menschen Gott die Bahn ebnen können:

Ein Herz, das Demut liebet, bei Gott am höchsten steht;
ein Herz, das Hochmut übet, mit Angst zugrunde geht;
ein Herz, das richtig ist und folget Gottes Leiten,
das kann sich recht bereiten, zu dem kommt Jesus Christ.

Ach mache du mich Armen zu dieser heilgen Zeit
aus Güte und Erbarmen, Herr Jesu, selbst bereit.
Zieh in mein Herz hinein vom Stall und von der Krippen,
so werden Herz und Lippen dir allzeit dankbar sein.

 

Valentin Thilo wirkt sehr modern – er spricht nicht von Voraussetzungen des Glaubens,  sondern sieht die Veränderung, die Gott in mir, in „mir Armem“, bewirken kann. Wir brauchen Gottes Trost, um Kraft zu schöpfen nicht nur in den extremen Situationen unseres Lebens. Das ist es, was der Wochenspruch uns heute mitgibt: Gottes Trost, seine Stärkung.

 

3. Advent 016

Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem HERRN den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott!

Siehe, da ist Gott der HERR! Er kommt gewaltig, und sein Arm wird herrschen. Siehe, was er gewann, ist bei ihm, und was er sich erwarb, geht vor ihm her. 

Jesaja 40,3.10

Erstelle eine Website wie diese mit WordPress.com
Jetzt starten