Freuet euch! Der Herr ist nahe!

Nebel liegt über dem Land. Eine düstere Stimmung. Die Dunkelheit bricht an. Das Licht des Mondes findet nur bruchstückhaft seinen Weg. Das Leben zieht sich zurück. Es wird still. 

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Zeit ist vergangen. Die Nacht ist vorgedrungen. Die Dunkelheit verliert ihren Schrecken. Geräusche sind vermehrt zu hören. 
Da – der Ruf eines Vogels! 
Und hier: klingt das nicht wie Gesang? 
Die Natur wacht auf, langsam werden die Stimmen lauter. Die Welt erwacht. Ein neuer Tag beginnt. Die Dunkelheit bleibt hinter uns. 

Die Nacht ist vorgedrungen, 
der Tag ist nicht mehr fern. 
So sei nun Lob gesungen 
dem hellen Morgenstern! 
Auch wer zur Nacht geweinet,
der stimme froh mit ein. 
Der Morgenstern bescheinet
auch deine Angst und Pein.

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Was von der Dunkelheit verhüllt war, zeigt nun wieder sein Gesicht. Angst verfliegt, Müdigkeit wird abgestreift. Neugierig schauen wir in die Welt, an diesem neuen Tag.

Und siehe da: Etwas Neues zeigt sich am Horizont: die Gnade Gottes. Ihr Leuchten blendet uns. Es sagt uns: Vor der Dunkelheit müsst ihr keine Angst haben. Sie kann euch nicht zerfressen, nicht euer Herz verhärten. 

Die Dunkelheit wird überwunden, Tag für Tag. 

Dem alle Engel dienen,
wird nun ein Kind und Knecht.
Gott selber ist erschienen
zur Sühne für sein Recht.
Wer schuldig ist auf Erden, 
verhüllt nicht mehr sein Haupt. 
Er soll errettet werden, 
wenn er dem Kinde glaubt.

Kräftiger, lauter werden die Stimmen. Der Zwang, leise zu sprechen, weil alles um einen herum leise ist, verschwindet so schnell wie die Dunkelheit verschwindet. Die Botschaft steht mit einem Mal im Raum: die Strahlkraft der Sonne. Gott selber ist erschienen. 

Gott selber. Erschienen. Man reibt sich die Augen, so früh am Morgen. Was für ein Traum! Ein Traum? Mit eigenen Augen will es gesehen sein! 

Die Nacht ist schon im Schwinden, 
macht euch zum Stalle auf! 
Ihr sollt das Heil dort finden, 
das aller Zeiten Lauf 
von Anfang an verkündet, 
seit eure Schuld geschah. 
Nun hat sich euch verbündet, 
Den Gott selbst ausersah. 

Wie die Hirten machen wir uns auf den Weg. Staunen wie die Hirten. Ungläubig und doch gläubig. Wie die Hirten. Was für eine Befreiung aus dunklen Tagen. Was für eine Befreiung aus unserer Schuld. 

Aber nein: das Reich Gottes ist nicht aufgerichtet, die neue Welt ist nicht angebrochen. Noch manche Nacht wird uns drücken, sich ums uns legen und uns frösteln und frieren lassen. Im Herzen aber bleibt dieses Staunen. 

Noch manche Nacht wird fallen 
auf Menschenleid und -schuld. 
Doch wandert nun mit allen
der Stern der Gotteshuld. 
Beglänzt von seinem Lichte, 
hält euch kein Dunkel mehr, 
von Gottes Angesichte 
kam euch die Rettung her. 

Dieses Staunen bleibt. Wo doch das Leben Rätsel genug aufgibt. 

Gott will im Dunkel wohnen 
und hat es doch erhellt. 
Als wollte er belohnen, 
so richtet er die Welt. 
Der sich den Erdkreis baute, 
der lässt den Sünder nicht.
Wer hier dem Sohn vertraute, 
kommt dort aus dem Gericht.

 

Freuet euch in dem Herrn allewege,
und abermals sage ich:
Freuet euch!
Der Herr ist nahe!
Phil 4,4f.

Bild oben: pixabay.com
Bild unten: Sülzle

Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!

mma-2282013_1280„Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht“, schreibt der Apostel Paulus. Doch freilich: er vermag so gar nichts, während er diesen Satz schreibt. Denn er schreibt seinen Brief an die Philipper aus dem Gefängnis. Wie kann Paulus in Gefangenschaft davon schreiben, alles zu können?

Der Wochenspruch des heutigen Sonntags zeigt, wie das gehen kann. „Freut euch!“, ruft Paulus da seinen Mitchristen zu. Dieser Freudenruf wirkt wie eine Illusion, wie die Südseetapete an der Wand. Was sieht Paulus, als er im Gefängnis sitzt? Keinen Strand, keine Palmen. Nichts davon bildet er sich ein, wenn er auf die Gefängnismauer starrt. Er will sich auch nicht Mut zusprechen und bildet sich nicht ein, was nicht da ist.

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Paulus – dieses Bild sei am 4. Advent erlaubt – leuchtet von innen heraus. Sein Herz ist voll Freude. Voll einer Freude, die man teilen kann, denn Paulus spricht hier nicht von einem kurzzeitigen Glücksmoment, sondern von anhaltender Freude. Zufriedenheit, Gelassenheit – all das trifft es, aber nicht ganz. Es kommt noch das Glück hinzu, das einen trägt: die Freude, die tief im Herzen wohnt.

An dieser Freude kann man teilhaben, diese Freude lässt sich teilen. Und so kann Paulus singen: „In dir ist Freude in allem Leide.“

 

 

Freuet euch in dem Herrn allewege,
und abermals sage ich: Freuet euch!
Der Herr ist nahe!
Phil 4,4.5b

Fotos: Claudio Scott/pixabay.com
piro4d/pixabay.com

Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch!

advent-007.jpgFreue dich in dem Herrn allewege – das klingt nett. Das klingt weihnachtlich. Das klingt stimmungsvoll, ja salbungsvoll, wenn man es am Tag vor dem Heiligabend liest.

Fast könnte man sagen, dieser Bibelvers ist recht banal. Doch banal ist er sicher nicht gemeint, zu oft verweist Paulus in seinem Brief auf die Freude als Basis des Glaubens, als dass es sich hier um eine bedeutungslose Floskel handeln könnte.

Wie kommt Paulus darauf, der Freude soviel Bedeutung zuzusprechen? Freude ist zunächst einmal ein flüchtig Ding. Nichts von Dauer. „Freude ist nur ein Mangel an Information“, sagt Nico Semsrott, seines Zeichens Kabarettist mit depressiver Ausstrahlung. Ein Körnchen Wahrheit steckt in diesem Satz: Freude wird von negativen Erfahrungen immer wieder durchbrochen.

Paulus kennt seine Gemeinden. Er weiß sehr genau, dass niemand dort sich nur freut, sondern dass es Konflikte gibt, Auseinandersetzungen mit vermeintlichen oder tatsächlichen Irrlehren. Und dennoch sieht er die Freude als Grund des Glaubens.

Gott der Herr gebe uns ein fröhliches Herz – das ist es, was Paulus unter Freude versteht. Eine, die ihren festen Platz gefunden hat im Herzen des Menschen. Hier geht es nicht um die kurze Freude an einem kleinen Erfolg im Leben, hier geht es um das Innere den Menschen. Wie leben wir in dieser Welt, fragt sich Paulus. Zugewandt zu seinen Mitmenschen, voll Neugierde auf das Leben, voller Bereitschaft, auf andere zuzugehen, das antwortet Paulus. Wer aus solch einer Freude heraus lebt, der kann auch Niederlagen einstecken, der kann negative Erfahrungen wegstecken. Freude ist, wenn man so will, auch ein Gegenteil von Glück.

Der Wochenspruch, der für den heutigen Sonntag ausgewählt ist, ist kein Weihnachtsspruch, keine Aufforderung, sich auf die Geburt Jesu zu freuen, sondern ein Bibelvers, der sich auf das ganze Leben bezieht. Paulus hat ihn vermutlich aus dem Gefängnis in Ephesus geschrieben. Wenn er da von Freude schreibt, meint er eine andere Freude als die, die kommt und wieder verschwindet.

„Freue dich in dem Herrn“ steht da – und das heißt: Sich Gott, sich Jesus Christus zugehörig fühlen. Unlösbar mit ihm verbunden sein. Ein fast schon mystischer Text ist es, den Paulus uns da zumutet. „Die Freude ist der Doktorhut des Glaubens“, hat Martin Luther gesagt. Nicht das Nachdenken, die Erkenntnis, das Wissen – die Freude ist zentral für den Glauben.

So bleibt uns nichts anderes, als uns zu wünschen, dass in dieser Weihnachtszeit die himmlischen Chöre voll Freude in unser Leben hineinsingen und unsere Welt fröhlicher machen. Und so bleibt uns nichts anderes, als einzustimmen in diesen Jubel der Engel – erfüllt von Freude.

Freuet euch in dem Herrn allewege,
und abermals sage ich: Freuet euch! 

Philipper 4,4

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