„Vom Weltgericht“ heißt die Rede, die Jesus im Matthäus-Evangelium hält. Von Böcken und Schafen spricht Jesus. Von den Guten und den Schlechten. Vor allem aber spricht Jesus darüber, was die Guten ausmacht.
Die Guten wissen gar nicht, dass sie etwas Gutes getan haben. Sie tun es insgeheim, ohne viel nachzudenken. Quasi ganz automatisch. So wie es Jesus in der Bergpredigt schreibt. Wer betet, wer fastet, wer Almosen gibt: er tut es insgeheim, niemals öffentlich. Sie werden so zu Erben des Reichs Gottes.
Wie also geht es zu, in Gottes angebrochenem Reich? Barmherzig, kurz gesagt. Denn warum sollte die Barmherzigkeit, die ins Reich Gottes führt, nicht auch im Reich Gottes selbst gültig sein? Läuft nicht der Vater seinem heimkehrenden Sohn entgegen? Kommen nicht alle Arbeiter im Weinberg zu Lohn, egal wie viel sie gearbeitet haben?
Was ist hier los, bei dem Blick aufs Weltgericht? Warum gilt hier nicht mehr, was fünf Kapitel zuvor im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg noch gesagt wurde? Warum auf einmal diese Unterscheidungswut in Gut und Böse, in Bock und Schaf?
Es geht dem Ende zu. Die Zeit drängt, so scheint es. Die klugen und törichten Jungfrauen zeigen es klar: man kann auch zu spät dran sein, wenn man ins Reich Gottes will. Die Katastrophe bahnt sich an und in diesem Licht verschwinden die Schattierungen. Es gibt nur noch Hell und Dunkel.
Es ist wie wenn man nach einer überstandenen schweren Krankheit plötzlich die Kriterien des Lebens anders setzt. Man lässt das Leben nicht mehr einfach weiterlaufen, man lenkt, wird klarer und auch radikaler in dem, was man noch will und was nun eben nicht.
Die Rede vom Weltgericht verweist auf so einen radikalen Lebensmoment. Es geht Jesus um sein Erbe. Er ist es, an dem sie sich reiben, an dem sie sich messen. In ihm leben sie, wenn sie besuchen, sättigen, ent-dürsten, ankleiden und noch viel mehr. Und wenn es ums Erbe geht heißt es, klare Ansagen zu machen. Kümmre dich um deine Mitmenschen, lautet die wichtigste. Die Werke der Barmherzigkeit, sie sind das gelebte Abendmahl, das Jesus seinen Jüngern mitgab.
Wort und Tat gehören zusammen, heißt es bei Jakobus. Jesus weiß, wie wenig das der Fall ist. So kann es uns nicht überraschen, wenn Jesus Gut und Böse so unversöhnlich gegenüberstellt, ganz ohne Vergebung. Und doch müssen wir die Hoffnung darauf nicht aufgeben. Klar ist aber: das Erbe verlangt etwas von uns.
Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen:
Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben?
Oder durstig und haben dir zu trinken gegeben?
Mt 25, 37
Denn wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.
Ein jeder empfange nach dem, was er getan hat im Leib,
sei es gut oder böse.
2. Kor 5, 10
Texte zum Wochenspruch für den vorletzten Sonntag des Kirchenjahres aus früheren Jahren finden Sie hier und hier.
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