Buchrezension: Bibel heute – Bäume

bh_bäumeDie aktuelle Ausgabe einer Zeitschrift, in die ich immer wieder gerne schaue, möchte ich heute vorstellen: Bibel heute.

Die Zeitschrift ist eine von drei Zeitschriften, die das katholische Bibelwerk zur Bibel herausgibt.

Da ist „Bibel und Kirche“, das eher einen wissenschaftlichen Anspruch hat, aber auch für Laien gut lesbar ist. Es behandelt theologische Themen, geht in die Tiefe

Dann gibt es „Welt und Umwelt der Bibel“ – eine ebenso gut gemachte Zeitschrift. Hier werden geschichtliche und archäologische Themen aufgegriffen. Dabei stehen zum Teil biblische Personen (David, Jesus in der Kunst, Abraham usw.) im Vordergrund, zum Teil aber auch biblische und geschichtliche Themen. Die Ausgaben sind reich bebildert und haben viele Übersichts-Blöcke.

Die dritte Zeitschrift im Programm ist „Bibel heute“. Sie ist so etwas wie „Bibel und Kirche“ light. Die Hefte sind thematisch ausgerichtet, haben Bibel und Glaube im Blick. Die Texte sind vergleichsweise kurz und gut lesbar. Es sind eher so etwas wie Fundgruben für den eigenen Glauben.

Nehmen wir die aktuelle Ausgabe: „Bäume“. Da finden sich Zahlen zu Bäumen in der Bibel. 31 kommen in der Bibel vor. Ebenso eine Zusammenstellung von biblischen Zitaten zu Bäumen. Schließlich werden die Bäume der Bibel mit ihren botanischen Merkmalen noch vorgestellt, zusammen mit der entsprechenden Bibelstelle.

Etwas genauer werden vier Bibelstellen beleuchtet: die Jotamsfabel, die als politische Fabel erklärt wird, dann Senfstaude und Feigenbaum bei Jesus, was es bedeutet, wenn in der Bibel Olivenbäume und Dattelpalmen zerstört werden sowie die Bedeutung des Baums des Lebens in Schöpfungsgeschichte und Offenbarung.

Den persönlichen Bezug zum Thema Bäume stellen Texte über die Bedeutung des Waldes und die Wahrnehmung einer Baum-Skulptur dar. Auch ein Baum-Activity-Spiel wird vorgestellt – das allerdings nur bedingt umsetzbar ist.

Somit hat „Bibel heute“ eine interessante Mischung an informativen und an spirituellen Texten und ist graphisch ansprechend umgesetzt.

Bibel heute: 
Bäume 
Heft 237
1. Quartal 2024
Katholisches Bibelwerk
 

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Buchrezension: Kosmos ohne Gott?

lennox_kosmosIst das Universum zufällig entstanden oder von Gott erschaffen? John Lennox, emeritierter Professor für Mathematik, kommt in seinem Buch „Kosmos ohne Gott?“ zu dem Schluss, dass Glaube und Naturwissenschaft zusammengedacht werden können.

„Ich betrachte die Naturwissenschaft als einen Bestandteil meiner Beziehung zu Gott, der das Universum schuf, das die Naturwissenschaft erforscht“, schreibt Lennox dazu. Dennoch ist „Kosmos ohne Gott?“ ein zutiefst apologetisches Buch.

Immer wieder rekurriert Lennox darauf, dass man in der Wissenschaft auf Gott nicht verzichten müsse – weder als Erklärung, noch als Anstiftung zur Forschung. Denn, so sagt Lennox, habe gerade das Christentum die Naturwissenschaften in Gang gesetzt. Gott als Urheber des Universums sei die Motivation zur Untersuchung von Gottes Werk gewesen und sei sie auch noch heute. Es sei kein Zufall, dass ein Großteil der Nobelpreisträger in den Naturwissenschaften gläubige Menschen seien.  Thesen wie die, dass der Glaube zur wissenschaftlichen Untersuchung der Welt und ihrer Ordnung zentral sei, gehört eher zu den illustren Teilen des Buches. Das Buch wirkt etwas wie aus der Zeit gefallen, wenn Lennox betont, dass nicht nur Glaubende, sondern auch Atheisten mit einer bestimmten Prägung an das wissenschaftliche Arbeiten herangehen.

Auch am Schluss des Buches gibt es einen Abschnitt, der sehr gewollt wirkt, wenn Lennox ausgehend von seiner These, dass die Zellen nicht nur Informationen speichern, sondern dass Zellen als Akteure handeln können, darüber nachdenkt, dass der biblische Logos (Am Anfang war das Wort, Joh 1) so viel wie Information bedeuten könne und dadurch das Universum als „Sprachwerk“ verstanden werden könne.

John Lennox ist ein gemäßigter Vertreter von Intelligent Design und lehnt die einfacheren Antworten des Kreationismus auf die Entstehung des Kosmos entschieden ab. So lehnt Lennox etwa die Evolutionstheorie nicht ab. Allerdings fragt er sich, inwiefern sie ungesteuert oder gelenkt ist. Sehr ausführlich stellt Lennox dabei dar, dass Darwins Annahmen heute in weiten Teilen als überholt zu gelten haben. Er selbst zieht daraus die Konsequenz, dass die Evolution ein Ziel haben könnte und damit gelenkt sei. Hinter dem Kosmos stecke „ein kosmischer Geist“, ist sich Lennox sicher.

Für Lennox sehr relevant sind dabei neuere Erkenntnisse der Zellbiologie, die das Speichern und Verarbeiten von Informationen in Zellen untersuchen. Aber auch die Mathematik findet wie auch die Biochemie ihren Platz in dem Buch. Damit bietet Lennox einen enormen naturwissenschaftlichen Rundumschlag (in dem auch Philosophen nicht fehlen dürfen) mit einer Vielzahl an Zitaten anerkannter Wissenschaftler. Dass er sich dabei immer wieder auch mit dem modernen Atheisten Richard Dawkins duelliert, ist da selbstverständlich.

Für Nicht-Naturwissenschaftler sind die gut 500 Seiten, auf denen Lennox über die Entstehung des Kosmos und des Lebens nachdenkt, keine leichte Kost. Allerdings helfen immer wieder Zusammenfassungen, bei allen diskutierten Details den Überblick nicht zu verlieren.

John Lennox: 
Kosmos ohne Gott? 
Warum Glaube und Wissenschaft zusammengehören 
Christl. Verlagsgesellschaft Dillenburg 2023 

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Buchrezension: Stille Post – der Adventskalender zum Ankommen 2023

stille-post-2023-der-adventskalender-zum-ankommenStille Post“ nennt sich ein schön gestalteter Adventskalender, der jedes Jahr von dem Autorenduo Matthias Lemme und Susanne Niemeyer erstellt wird.

Zu den Merkmalen des Kalenders gehört, dass die Texte zumeist sehr kurze Impulse sind und die Texte zum Teil auch etwas „frech“ wirken. Beispiel: der 5. Dezember. Da heißt es: „Josef schnitzt an einem Wanderstock, Maria macht Yoga, ein Hirte krault ein schwangeres Schaf, vier Engel üben Satzgesang.“ So etwas muss man mögen, wenn man mit diesem Kalender seine Adventszeit gestalten will.

Zwischen den Kurz-Impulsen finden sich immer auch Karten, die als Postkarten versendbar sind. Dieses Jahr sind allerdings nur ein Teil davon wirklich auch verschickbar. Es sei denn man verschickt gerne Postkarten mit den eigenen Ideen für den Advent oder eine Karte auf der steht „Müsste da nicht mehr Kampf drinstecken?“ Natürlich bezieht sich die Postkarte auf den Text zuvor – aber das weiß der Adressat eben nicht. Bereits im letzten Advent habe ich einen Teil der Postkarten weggeworfen, obwohl ich ein überzeugter Postkartenschreiber bin. Das finde ich sehr schade. Allerdings: Es gibt dieses Jahr auch wieder wunderschöne Postkarten, zum Beispiel: Lass uns auf die Socken machen… mit einer Wäscheleine Socken als Bild. Was sonst.

Wer gerne in Adventskalendern klassische Advents-Texte und -Gedichte liest, wird in diesem Kalender nicht fündig werden. Wer aber sich immer wieder gerne überraschen und irritieren lässt, für den ist dieser Kalender sicher etwas.

Matthias Lemme und Susanne Niemeyer:
Stille Post. 
Der Adventskalender zum Ankommen
edition chrismon 2023 

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Buchrezension: Neue Gebete für den Gottesdienst IV

neue-gebete-fuer-den-gottesdienstGebete sollen uns einstimmen auf den Gottesdienst, uns zum Nachdenken bringen, Kraft geben, unsere Bitten aufgreifen.  Das gelingt nur, wenn sie nicht überfrachtet sind an Gedanken und im Satzbau.

Die Sprache muss einfach sein, für Hörer muss formuliert werden, nicht für Leser. Man muss das Gebet beim ersten Mal Hören schon verstehen, man hat nicht die Zeit, über das Gehörte nachzudenken, weil es uns selbst zum Weiterdenken bringen soll.

Gebete dürfen aber auch nicht zu einfach sein, schließlich sollen sie uns ansprechen, uns abholen und uns mit Worten wärmen. Gelingt das den „Neuen Gebeten für den Gottesdienst IV“ von Eckhard Herrmann? Ja, absolut.

Der Schwerpunkt der Gebete liegt auf Kyrie-Rufen und Kollektengebeten. Ebenfalls finden sich Fürbittgebete und Gebete zum Abendmahl in dem Band.

Die Gebete beschränken sich auf einen Kerngedanken, der entfaltet wird. Sie sind überfrachtet. Der Satzbau ist für den Hörer gedacht. Wie treten wir vor Gott, ist eine der Leitfragen der Kyrie-Rufe. So gut wie immer gelingt es den Kyrie-Gebeten, Menschen mit ihren ganz unterschiedlichen Erfahrungen und Wünschen abzuholen. Denn schließlich sollen gerade die Kyrie-Gebete am Anfang des Gottesdienstes alle Menschen ansprechen und dürfen deshalb keine Fragen aufgreifen, die nur Einzelne betreffen oder sehr einseitig formuliert sein.

An den Fürbittgebeten dürften sich die Geister scheiden. Die meisten sind thematisch aufgezogen – wer den Bezug zum Predigttext will, dürfte hier nur teilweise fündig werden. Wer das Fürbittgebet eher losgelöst davon sieht, als eigenständigen Teil der Liturgie, wird auch hier viele Anregungen finden.

Eckhard Herrmann:  
Neue Gebete für den Gottesdienst IV
Claudius-Verlag 2018

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Buchrezension: Die Welt, in der Jesus lebte

dieweltinderjesuslebteDie Welt in der Jesus lebte“ ist ein Kindersachbuch, das zur Entdeckungsreise in die Zeit von Jesus einlädt. Die Autoren Marc Olson (Text) und Jemima Maybank (Illustrationen) gehen dabei auf unterschiedlichste Themenfelder ein. Im Vordergrund steht, wie die Menschen zur Zeit Jesu gelebt haben: ihre Wohnungen, wie ihre Kleidung aussah, wie sie reisten, was sie für Landwirtschaft betrieben und vieles mehr.

Hinzu kommen Kapitel zum römischen Recht, zum römischen Militär, aber auch zum Gesellschaftsaufbau und zu religiösen Themen wie dem Jerusalemer Tempel, der Thora und dem Hohen Rat. Mit dabei ist auch eine Auflistung verschiedener Hinrichtungsarten und unterschiedlicher Kreuzesarten. Das hätte es meines Erachtens nicht unbedingt gebraucht, befriedigt aber vielleicht ja doch die kindliche Neugier.

Gut vorstellen kann ich mir, dass Viertklässler selbst in dem Buch schmökern – ansonsten lässt es sich auch gut vorlesen, auch wenn die Schrift ein wenig klein ist. Die Informationen sind kurz und prägnant und mit den Illustrationen gut verknüpft – das Buch lädt zum Lesen und Anschauen ein.

Marc Olson und Jemima Maybank: 
Die Welt in der Jesus lebte. 
Eine Entdeckungsreise 
Deutsche Bibelgesellschaft 2023

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Buchrezension: Vertrauenssache. Vom Sinn des Glaubens an Gott

eva_cover_07157_Haerle_VertrauenssacheIn seinem neuen Buch „Vertrauenssache“ beleuchtet der Theologe Wilfried Härle den Glauben von verschiedenen Seiten.

Auch wenn der Untertitel „Vom Sinn des Glaubens an Gott“ nahelegt, dass es sich um ein Buch für Glaubens-Zweifler handelt: das ist es nicht. „Vertrauenssache“ ist kein Buch, das sich an Glaubens-Sucher wendet, zumindest nicht in erster Linie – und auch nicht in zweiter Linie. Dafür ist das Buch vom Ansatz her viel zu wissenschaftlich angelegt. Definition reiht sich an Definition,  einzelne Bibelverse werden in extenso ausgelegt.

Uninteressant ist das alles nicht. Und jeder Leser dürfte auch ein, zwei Kapitel finden, die ihn interessieren. Allerdings fragt man sich beim Lesen fast durchgängig, wer eigentlich die Zielgruppe dieses Buches sein soll. Ein Glaubenszweifler hat kaum das Interesse, sich darüber ausführlich auszutauschen, was Glaube eigentlich ist, was Zweifel überhaupt ist oder was für verschiedene Formen von Vertrauen es gibt. Wer Theologie studiert hat, braucht nicht die allgemeinen Darstellungen zur Rolle der Kirche, zur Entwicklung des Glaubens und ähnliches.

Eine leichte Lektüre ist das Buch allenthalten nicht – auch wenn auf dem Klappentext Härle eine „verständliche Theologie“ attestiert wird. Nein, Härles Buch ist keine Bettlektüre, sondern harter Tobak. Wer Spaß am Definieren hat, wird in dem Buch aufgehen, anderen dürfte die Definitionswut des Autors beim Lesen doch eher im Weg stehen. Am leichtesten zu lesen ist sicherlich das Kapitel über Personen des Glaubens, hier gelingt Härle ein eher erzählender Schreibstil, den man im Rest des Buches bitter vermisst.

Wilfried Härle: 
Vertrauenssache. 
Vom Sinn des Glaubens an Gott 
Evangelische Verlagsanstalt 2022

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Buchrezension: Stille Post & Luft nach oben

stille-post-2022-der-adventskalender-zum-ankommenGleich auf zwei Postkartenkalender will ich heute hinweisen: einen Adventskalender und einen Sonntagskalender. Das Team von Matthias Lemme und Susanne Niemeyer zeichnet sich für beide verantwortlich.

Der Adventskalender „Stille Post“ ist gekennzeichnet von einem recht spielerischen Umgang mit der Wartezeit. Die Impulse stellen sich in diesem Jahr unter das Thema „Aufbrechen“. Was nehmen wir mit in die Adventszeit, was nicht? Was sind unsere Antworten auf die Dezemberfragen?

Mit seiner Mischung aus kurzen Impulsen, Bildern und kleinen Geschichten bietet der Adventskalender „Stille Post“ einen abwechslungsreichen Einstieg in den Tag. Allerdings weiß ich nicht, ob man die Postkarten so leicht verschicken kann – bieten sie doch oft nur schwer Verständliches. Die Adressaten dürften sich zumindest sehr wundern, wenn sie eine Postkarte bekommen, auf der nichts weiter steht als „Mehr Glanz“. Da sind die Postkarten bei einem zuhause vielleicht doch besser aufgehoben…

luft-nach-oben-2023-der-sonntagskalenderDer Sonntagskalender „Luft nach oben“ ist, wenn man so will, ein wenig das Kontrastprogramm zum „Aufbrechen“: Luft holen, abbremen, die Pause vom Alltag. In den Impulsen zu den Sonntagen dominieren die schön gestalteten Bilder. Ein klein wenig frech sind sie hin und wieder auch. Wenn die Liebe hinfällt – hebst du sie dann wieder auf? ist eine der Fragen. Das Tiefgründige bemerkt man oft erst auf den zweiten Blick. 

Beide Postkartenkalender lassen sich gut als Tischkalender aufstellen und sind ein Blickfang. Mir gefällt neben den ansprechenden Texten ihr Layout sehr.

Matthias Lemme & Susanne Niemeyer:
Stille Post.
Der Adventskalender zum Ankommen 
edition chrismon 2022 

Matthias Lemme & Susanne Niemeyer: 
Luft nach oben. 
Der Sonntagskalender 
edition chrismon 2022 

Bei der Osianderschen Buchhandlung finden Sie hier den Adventskalender Stille Post und hier den Sonntagskalender.

Buchrezension: Du bist ein Gott, der mich sieht (Jahreslosung 2023)

dubisteingottdermichsiehtGanz unterschiedliche Texte zur Jahreslosung 2023 sind in dem Buch „Du bist ein Gott, der mich sieht“ von Ulrike Greim, Tobias Petzoldt und Andrea Schneider versammelt.

Erschrecken lassen darf man sich dabei nicht von dem Untertitel des Büchleins: „Worte und Gedanken für ein ganzes Jahr“. Es sind nicht 365 Texte versammelt, im Gegenteil: die Anzahl der Texte ist sehr überschaubar, es geht eher darum, sich dem Text der Jahreslosung auf unterschiedliche Art und Weise zu nähern und die Texte erst einmal wirken zu lassen.

Eine theologische Auslegung des Bibelverses sucht man vergebens, die Texte sind eher lebenspraktisch angelegt. So finden sich Gedichte ebenso wie Geschichten und Briefe an Hagar – von ihr stammt schließlich der Spruch der Jahreslosung: „Du bist ein Gott, der mich sieht“, sagt sie.

Die Texte beziehen sich ganz unterschiedlich auf die Geschichte von Hagar und Ismael. So wird der Weg thematisiert (Woher kommst du? Auswege finden), die Unsicherheit (Sehnsucht spüren, das Herz öffnen, Möglichkeiten eröffnen, Träumen vertrauen) wie auch die Suche (Wohin gehst du? Verlorenes wiederfinden) und die Zuversicht (Nicht aufgeben, Gott sieht dich).

Die Texte des Büchleins eignen sich in ihrer Mischung gut zur Selbstbeschäftigung, genauso gut aber auch für einen Bibelabend in der Gemeinde.

Ulrike Greim, Tobias Petzoldt, Andrea Schneider: 
Du bist ein Gott, der mich sieht. 
Worte und Gedanken für ein ganzes Jahr 
edition chrismon 2022 

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Filmrezension: Circles

circlesWie funktioniert Vergebung? Damit beschäftigt sich Srdan Golubović in seinem Film „Circles„, ein gut gemachter Film über den Umgang mit Schuld und Vergebung im Alltag nach dem Jugoslawien-Krieg. Ein Film, dem eine wahres Schicksal zugrunde liegt: Der junge Serbe Srdan Aleksic kam 1993 einem Freund zur Hilfe und verlor dabei selbst sein Leben.

Der Film beginnt mitten im Krieg: Ein Mord ist geschehen. In Kriegszeiten verprügeln Soldaten einen muslimischen Kioskbesitzer wegen einer Nichtigkeit. Marko, ebenfalls Soldat, mischt sich ein. Seine Zivilcourage muss er mit dem Leben bezahlen, der Kioskbesitzer überlebt.

In seinem Film „Circles“ spielt Regisseur Srdan Golubović durch, was es bedeutet, mit diesem geschehen Unrecht umzugehen. 12 Jahre nach der Gewalttat müssen sich ganz unterschiedliche Personen erneut damit auseinandersetzen, was geschehen ist.

Da ist einmal der Kioskbesitzer, der durch Marko überlebt hat und ein neues Leben als Arbeiter in Deutschland begonnen hat. Mit Frau und zwei Kindern hat er eine neue Existenz aufgebaut. Markos frühere Freundin sucht bei ihm Schutz vor ihrem gewalttätigen Ehemann. Dass er dafür auch sein Leben aufs Spiel setzt, wirkt mehr wie das Abtragen eines Schuldgefühls als wie Dankbarkeit.

Dann ist da noch der Arzt, der nicht einschritt, als Marko zu Tode geprügelt wurde. Auf seinem Operationstisch landet 12 Jahre später einer der früheren Täter nach einem Autounfall. Ist jetzt die Zeit der Rache gekommen? Der Arzt ist entsetzt darüber, dass der Mann weder Gewissensbitte noch Reue empfindet.

Schließlich ist da noch Markos Vater, Ranko. Er baut in mühevoller Arbeit auf einem Berg eine Kirche wieder auf, die einem Wasserkraftwerk weichen musste. Eine Art Sühneleistung? Ein Denkmal für seinen getöteten Sohn? Ranko gab dem Film den Titel, denn er quält sich mit der Sinnlosigkeit des Geschehenen.

Ranko stellt sich die Sinnfrage:

„Es ist, als hätte Marko sein Leben weggeworfen, ins Nichts. Wirt man einen Stein ins Wasser, dann entsteht etwas, es bilden sich Kreise und sie breiten sich aus, es ist schön.
Aber mich bedrückt etwas: Ich habe das Gefühl, er ist einfach versunken. Das macht mir Angst, dass einer etwas Gutes tut und es keinen interessiert.“

Soweit die Gedanken Rankos. Wie Vergebung entstehen kann, zeigt sich ausgerechnet bei ihm. Der Jugendliche Bogdan, sein Vater ist einer der Täter von damals, will für ihn arbeiten – und will sich auch nicht abwimmeln lassen.

Die unterschiedlichen Ebenen, auf denen der Film Schuld, Rache, Vergebung und Versöhnung thematisiert, macht ihn absolut sehenswert.

Circles
Regisseur: Srdan Golubović
Lighthouse Home Entertainment 2015 

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Filmrezension: Hannes

hannesHannes“ ist ein gut gemachter Film über den Umgang mit Schuld und Tod.

Die beiden 19-Jährigen Hannes und Moritz sind seit Kindheitstagen beste Freunde. Alles machen sie gemeinsam, Geheimnisse voreinander haben sie nicht. Doch je älter sie werden, umso deutlicher wird, dass die beiden sehr unterschiedlich sind. Hannes erweist sich als Durchstarter, während Moritz nicht allzu viel auf die Reihe bekommt.

Ein großes Thema sind die Reisen, die die beiden zusammen planen und durchführen. Doch es kommt zum Unglück: Als das Motorrad von Moritz bei einer Tour nicht mehr richtig fährt, nimmt Hannes es – und verunglückt. Er liegt im Koma, ohne dass man weiß, ob er jemals wieder aufwacht.

Sehr gut filmisch umgesetzt ist die Ablehnung, die Moritz nun von seiner Umwelt erfährt. Direkte Schuldzuweisungen vermeidet der Film weitgehend, aber die stummen Reaktionen sprechen Bände.

Dass der Film seine Zuschauer hier nicht emotional erdrückt, liegt an den Erinnerungen von Moritz an die gemeinsame Zeit mit Hannes, die immer wieder eingeblendet werden. Jugendstreiche stehen gegen das Krankenzimmer, in dem Moritz regelmäßig übernachtet. Die Hoffnung, dass Hannes wieder aufwachen könnte, will er keinen Moment lang aufgeben.

Einräumen muss man, dass der Film zum Teil zu sehr konstruiert wirkt. Dass die Freundin von Hannes auch noch von ihm ein Kind bekommt, und dass Moritz die Zivi-Stelle von Hannes bekommt und bei einer Patientin auf einen ähnlich gelagerten Fall von Schuld trifft, ist ein wenig zu viel des Guten.

Dagegen zeugt die Zurückhaltung bei der Frage der Schuld von Größe bei den Filmschaffenden. Erst am Schluss schleudert der Film einem seine Lebensweisheit geballt vor die Füße: „Es gibt keine Halbwertszeit für Schuld, aber irgendwann ist man bereit, um Vergebung zu bitten.“

Zu den Stärken des Films gehört, dass er zugleich ein Film über das Erwachsenwerden ist. Ein Entwicklungsroman, bei dem Moritz wieder „seinen Norden“, wie es Hannes in seinem Tagebuch beschrieben hat, wiederfinden muss. Die beiden Schauspieler des jugendlichen Hannes und Moritz, Johannes Nussbaum und Leonard Schleicher, spielen hervorragend. Dass Moritz sich immer mehr im Leben von Hannes vergräbt, nimmt man ihm mühelos ab. Wie sehr er auch mit der Situation hadert, in die er hineingeworfen wird: übertrieben hat es Schauspieler Leonard Schleicher an keiner Stelle dargestellt.

So ist „Hannes“, nach dem Roman von Rita Falk,  ein Film, der die theologische Kategorie der Vergebung ganz praktisch aufgreift und zeigt, wie sehr wir auf Vergebung angewiesen sind und wie schwer es sein kann, um Vergebung zu bitten.

Hannes
Regisseur: Hans Steinbichler
Studio Kanal 2019 

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