Wer euch hört, der hört mich

offering-427297_1920Es ist eine Abschiedsrede, die Jesus hält. Seinen Jüngern spricht er zu, in seinem Namen zu reden. Ja, er ist überzeugt: sie können nach seinem Tod sein Werk fortsetzen, in dem was sie tun und reden. „Wer euch hört, der hört mich“ – was für eine Aussage, was für eine Verantwortung! Als ob die Jünger schon ihr Examen in der Tasche hätten, als ob sie Jesus alles hätten fragen können, was ihnen auf den Nägeln brennt!

Die Stimmung der Jünger dürfte eher so gewesen sein:

 

Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr;
fremd wie dein Name sind mir deine Wege.
Seit Menschen leben, rufen sie nach Gott;
mein Los ist Tod, hast du nicht andern Segen?
Bist du der Gott. der Zukunft mir verheißt?
Ich möchte glauben, komm mir doch entgegen.

Ja, Gott ist den Menschen entgegen gekommen. Zu jeder Zeit, auf ganz unterschiedlichen Wegen. „Ich möchte glauben“ – das hat die Jünger zu Jesus gebracht. Wie auch wir heute wollen sie ihrem Leben einen neuen Sinn geben, mehr als nur leben um zu sterben.

Auch wir stehen oft genug mit leeren Händen da. Unsere Erwartungen werden nicht erfüllt, unsere Arbeit trägt keine Früchte. Die Unzufriedenheit lässt uns ermüden.  Wir tragen unser Päckchen mit uns herum.

Wir sind die Bittsteller, denen Jesus zuruft: Wer euch hört, der hört mich. Wir wollen aber nichts anderes sein als Bittsteller. Wir wollen den Traum von der großen Zukunft hören. Die Geschichte vom Sinn des Lebens. Die Hoffnung von einem Leben nach dem Tod.

„Wer euch hört, der hört mich“: Mit leeren Händen stehen wir da, voller Erwartung, dass wir die Hände gefüllt bekommen, dass uns gegeben wird. Und plötzlich sind wir diejenigen, die nicht bekommen, sondern geben sollen. Wir sind gefordert. Wie damals die Jünger.

 

Wer euch hört, der hört mich;
und wer euch verachtet, der verachtet mich.

Lk 10,16

Bild: Niek Verlaan/pixabay.com

 

Eins aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden. 

Jesus ist zu Gast bei Marta. Die bedient alle, schuftet in der Küche. Ihre Schwester Maria hingegen hört Jesus zu.

Warum stellt sich Jesus in der Geschichte von Marta und Maria so einseitig auf die Seite der Maria? Er nimmt Maria in Schutz. Sie habe das gute Teil erwählt, sagt Jesus.

Das wirkt auf uns heute befremdlich. Freuen wir uns nicht viel mehr über die umtriebigen Mitglieder der Gemeinde, des Vereins? Brauchen wir nicht die Mitarbeiter, die ordentlich anpacken können? Die sich ungefragt zum Auf- und Abbau melden? Freuen wir uns nicht am meisten über die, die von sich aus ihre Mitarbeit anbieten, die immer Zeit haben, wenn man sie fragt? Und sind es nicht die, auf die wir in der Gemeinde bauen können?

Sicherlich: so ist es. Die umtriebigen Mitglieder der Gemeinde sind es, die eine Gemeinde am Leben erhalten. Jesus verneint dies nicht. Er denkt auch an Marta. Und deshalb sagt er so freundlich und direkt, was er bei ihr beobachtet: Marta, du kümmerst dich um so vieles. Aber es ist weniger nötig, als du glaubst. Marta, so lange ich hier bin, sollst auch du mir zuhören. Das Essen und Trinken ist doch nicht das einzige in unserem Leben, was wichtig ist. Marta, ich bin nur einmal bei euch zu Gast. Du hast mich eingeladen, Marta – erinnerst du dich?

Es geht nicht darum, dass wir Marta und Maria gegeneinander ausspielen. Beides ist wichtig: Hören und Dienen, Wort und Tat, Muße und Arbeit. Was uns Marta und Maria vielmehr lehren ist, dass wir bei all dem, was uns umtreibt, nicht vergessen, auch für uns selbst zu sorgen. Dass wir nicht nur das leibliche Wohl der anderen, sondern auch unser eigenes Wohlbefinden im Blick behalten. Dass wir uns auch erlauben, eine Auszeit zu nehmen, weil wir uns nicht nur ums leibliche Wohl kümmern sollen. Dass wir uns von den kleinen Dingen nicht blenden lassen, sondern das Große im Blick behalten: dass unsere Zeit nicht in unseren Händen, sondern in Gottes Händen ist.

Die vorliegenden Gedanken sind ein Auszug aus meiner Predigt am 3.3.2019 in Tuningen und Talheim. Die komplette Predigt finden Sie hier: Predigt zu Lk 10

Eins aber ist not.
Maria hat das gute Teil erwählt;
das soll nicht von ihr genommen werden. 

Lukas 10,42

Erstelle eine Website wie diese mit WordPress.com
Jetzt starten