Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene

Dienen heißt

… nicht am lautesten schreien
… nicht das letzte Wort haben
… vielleicht das erste Wort haben
… vergeben können
… vertrauen können
… lieben können
… lachen können
… sich freuen können
… genau hinschauen
… abwarten
… Geduld zeigen

Der Menschensohn ist nicht gekommen,
dass er sich dienen lasse,
sondern dass er diene
und gebe sein Leben als Lösegeld für viele.

Mt 20,28

Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln

778962_web_R_K_by_angieconscious_pixelio.deJesaja träumt. Träumt von einem ganz normalen Leben. Träumt sich weg von seiner Gegenwart. Von seinem Leid. Seiner Not. Seinem Elend. Träumt. Und träumt. Und träumt. Ein helles Feuer sieht er. Heller und größer als das Feuer in der Schmiede. Und doch wird in diesem Feuer geschmiedet. Schwerter und Spieße beginnen zu glühen, zu schmelzen. Und geformt wird aus ihnen der Pflug und die Sichel.

Jesaja träumt von einer Blume, die sich im Wind wiegt, von Haus und Herd. Träumt vom Bauern, der sein Feld mäht. Von einem Mädchen, das sich im Tanze dreht. Und er summt diese Melodie:

Ach, dieser Jesaja. Er schläft schlecht, sein Traum verweht, unruhig wie er schläft. Träumt vom Frieden. Frieden, in dieser Zeit! Nächstes Jahr, du wirst sehn, da wird Frieden sein. Ach, wenn er es nur selbst glauben könnte!

Nein, naiv ist er nicht. Aber hoffen will er, hoffen. Auf andere Zeiten, auf bessere Zeiten. Und er vertraut. Vertraut auf Gott. Er wird zu seinem Zufluchtsort in finsteren Zeiten.

Und Jesaja weiß: in Kriegszeiten steht kein Weizen auf den Feldern, in Kriegszeiten hungern die Menschen. In Kriegszeiten werden die Trauben nicht zurückgeschnitten, in Kriegszeiten hungern die Menschen, hungern die Herzen. In die Herzen gehört der Friede, tief hinein. So tief, dass die Menschen nicht mehr lernen, wie es geht, Krieg zu führen. Es einfach verlernen.

Und Jesaja hört nicht auf damit, an den Frieden zu glauben, vom Frieden zu reden, um Frieden zu bitten. Und jedes Mal, wenn Jesaja vom Frieden spricht, wird ihm ums Herz ganz warm, und er sieht vor sich das Feuer des Schmieds, der aus Schwerter Pflugscharen macht.

Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen 
und ihre Spieße zu Sicheln. 
Denn es wird kein Volk das Schwert wider das andere erheben, 
und sie werden fortan nicht mehr lernen, Krieg zu führen. 
Jesaja 2, 4

Bild:  angieconscious /pixelio.de

No ned hudle – Fastenzeit VI

IMG_20190829_110745No ned hudle heißt ein schwäbisches Sprichwort. Spricht man es langsam genug aus, verbreitet es bereits die beabsichtigte Wirkung.

Es ist eine Lebensweisheit, die man am besten mit einer Sitzbank vergleicht. Sie steht außerhalb, man zieht sich auf sie zurück, allein oder zu zweit, findet Ruhe, lässt den Blick schweifen bis man etwas findet, was Aufmerksamkeit verdient.

Wir neigen sehr dazu, vieles mechanisch abzuspulen. Auch unsere Reaktionen gehören dazu: sie sind so typisch, so stereotyp. Die Sitzbank lehrt uns, nicht sofort zu reagieren, erst einmal die Gedanken schweifen zu lassen, die erste spontane Reaktion verpuffen zu lassen.

Wir werden überrollt von immer neuen Aufgaben und Regelungen. Corona-Regeln ändern sich fast schon täglich. Pausen können uns Kraft geben, ein Ankerplatz sein und uns mit Energie versorgen. Dass die meisten Herzinfarkte nicht in Stressphasen, sondern danach geschehen, zeigt wie wichtig Pausen sind – regelmäßige Pausen. Nicht umsonst hat sich die 7-Tage-Woche mit einem freien Tag durchgesetzt.

Die Fastenzeit, in der wir uns über das Unterwegssein Gedanken machen, kann Anlass sein, uns bewusst zu machen, wie vieles wir uns an- aber auch abgewöhnen können:

– den freien Tag auch einen freien Tag sein lassen
– sich auf Dinge freuen, sie bewusst genießen
– nicht zu lange am Stück zu arbeiten, sondern die Arbeit durch Pausen strukturieren
Sicher fällt Ihnen auch vieles dazu sein. Ich ärgere mich zumeist über mich selbst, wenn ich vor langer Zeit einen Theater- oder Konzertbesuch gebucht habe und dann am Tag der Veranstaltung nur noch darüber nachdenke, was ich in der Zeit alles noch hätte machen können, statt sich einfach über diese Auszeit zu freuen und sie zu genießen.

„Auch die Pause gehört zur Musik“, hat der Dichter Stefan Zweig einmal gesagt. Auch die Pause gehört zum Leben, könnte man ergänzen.

Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun.
Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde gemacht
und das Meer und alles, was darinnen ist,
und ruhte am siebenten Tage.

2. Mose 20,9.11

Die bisherigen Beiträge der Reihe finden sich hier:
Fastenzeit I 
Fastenzeit II
Fastenzeit III
Fastenzeit IV 
Fastenzeit V 

Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene

Wir würden diese Aussage Jesu am ehesten bei der Fußwaschung Jesu vermuten. Jesus, der dient, indem er seinen Jüngern die Füße wäscht. Der Kontext bei Matthäus ist aber ein anderer: Die Mutter der Zebedeäus-Söhne bittet Jesus, dass ihre Kinder im Reich Gottes zur Rechten und zur Linken von ihm sitzen dürfen. Niemand soll über einen anderen herrschen, ist Jesu Antwort. Aus dem Größten soll der Kleinste werden, der Oberste der Unterste werden, der Erste der Letzte.

Die meisten von uns haben den Drang, die Dinge bestimmen zu wollen. Sie haben den Drang in sich zu dirigieren und nicht einfach den Dirigenten Dirigent sein zu lassen. Wir wollen nicht nach der Pfeife eines anderen tanzen, zumindest nicht ohne Grund. Zumindest aber wollen wir immer wissen, wo es lang geht.

Jetzt, zu Zeiten der eingeschränkten Bewegungsfreiheit, kann uns der Umgang mit Corona eines lehren: abzuwarten, zuzuwarten, nicht zu wissen wohin es geht und doch die Zuversicht nicht zu verlieren. Ungewissheiten sind auszuhalten. Einschränkungen ebenso.

Der Wochenspruch für die kommende Woche gibt uns Mut, er gibt uns mit auf den Weg: die Angst darf uns nicht beherrschen, die Angst darf uns nicht regieren. Kluger Menschenverstand ist gefragt. Achtsamkeit und Besonnenheit. Wir haben unsere Bewegungsfreiheit eingeschränkt bekommen, aber doch nicht unsere Freiheit! Wir müssen sie nur anders leben: Die Zuschauerzahlen der Fernsehgottesdienste etwa sind stark gestiegen – auf Gottesdienste können viele nicht einfach verzichten.

Wir schauen mit Sorge auf die Ausbreitung des Virus, aber wir wissen doch, dass dies unser Leben nicht beherrschen kann. Es geht für die meisten von uns um die Rücksicht für andere, um den Versuch, die Krankenhäuser vor Überlastung zu schützen und nicht – zumindest nicht vorrangig – um die Sorge um die eigene Gesundheit.  Wir haben keinen Grund, in Kriegsrhetorik zu verfallen, wenn wir von der Abschwächung einer Kurve reden. Wir müssen uns nicht zu Herren über das Virus stilisieren.

Wenn Jesus uns aufträgt, Diener zu sein, also einander zu dienen, dann tut man dies bewusst, dann unterstellt man sich nicht einer anderen Macht. Wäre sonst Jesus selbst zum Diener geworden? „Corona ist nicht die ganze Welt“ hieß es vor zwei Wochen im Fernsehgottesdienst im ZDF. Das dürfen wir nicht vergessen.

Der Menschensohn ist nicht gekommen,
dass er sich dienen lasse,
sondern dass er diene.
Mt 20,28

 

Meinen Text Nicht diese Worte! zur Corona-Krise finden Sie hier.
Links zu Fernsehgottesdiensten, die ich eindrücklich fand, finden Sie hier und hier.

Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene

588630_web_R_by_Wolfgang Dirscherl_pixelio.deJakobus und Johannes, die beiden Söhne des Zebedäus, können einem leid tun. Ihre resolute Mutter will sie nicht nur beschützen, sie will auch das Beste für ihre beiden Söhne, die Jünger von Jesus geworden sind. Dass sie Jünger Jesu wurden, so scheint es, dagegen hat die Mutter nichts einzuwenden.

Doch hat sie sich in den Kopf gesetzt, dass ihre beiden Kinder etwas angeschupst werden müssen, damit Jesus sie auch richtig wahrnimmt. Und so  geht sie mit ihnen zusammen zu Jesus. Wirft sich vor Jesus nieder, bittet ihn: Meine beiden Jungs wollen im Reich Gottes dann links und rechts von dir sitzen.

In der Bibel wird berichtet, dass daraufhin die Jünger sich über die beiden ärgerten. Mehr hätten sie sich wohl über die Mutter ärgern sollen. Die Mutter159536_web_R_K_by_Dieter Kreikemeier_pixelio.de, die es nur gut meinte mit ihren Sprösslingen – die dann ziemlich bedröppelt dastehen. Was die beiden sich wohl dachten, als ihre Mutter so vorpreschte?

Ich glaube schon, dass sie die beiden beschämt waren. Auf jeden Fall, als Jesus die Szene aufgreift und eine Predigt daraus macht über Herrschaft. An anderer Stelle werden die Zwei eher als übereifrig charakterisiert. Hier nun wird ihr Eifer erst einmal ausgebremst. Herrschaft, sagt Jesus, ist immer etwas Negatives, bringt immer Nachteile mit sich. Deshalb kehrt er die Positionen um: Wer an der Spitze ist, der soll demütig sein, dienen. Anders kann Gemeinschaft nicht funktionieren.

Angst, dass ein Wettbewerb ausbrechen könnte, wer am besten dient, hatte Jesus offenbar nicht. Wie wohl eine Welt aussähe, die so funktioniert?

Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse,
sondern dass er diene
und gebe sein Leben als Lösegeld für viele.
Mt 20,28

Bild oben: Wolfgang Dirscherl/pixelio.de
Bild unten: Dieter Kreikemeier/pixelio.de

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