Und Gott wird abwischen alle Tränen

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Wie nennen Sie ihn, den letzten Sonntag des Kirchenjahres? Totensonntag oder doch: Ewigkeitssonntag?

Auf jeden Fall ist er der letzte Sonntag des Kirchenjahres und bietet allein deshalb an, zurückzublicken.

Das Kirchenjahr ist an sein Ende gekommen, und wir gedenken der Menschen, deren Leben zu einem Ende gekommen ist.

Im Gottesdienst geht es vor allem um die Toten des vergangenen Jahres, deren Namen in Erinnerung gerufen werden. Die Gemeinde bringt die Verstorbenen zurück ins kollektive Gedächtnis.

Im Gottesdienst gedenken wir zugleich aller Verstorbenen, holen alle diejenigen in die Erinnerung, um die wir trauern – voll Schmerzen oder voll Dankbarkeit. Und ganz unabhängig davon, wann sie verstorben sind.

Wir holen die Verstorbenen aus der Ewigkeit für einen kurzen Moment wieder ins Hier und Jetzt. Lassen sie in unseren Gedanken aufscheinen – so, wie wir sie in Erinnerung haben. In einem Bild, einer Geste, einem Spruch, der typisch für sie ist.

Wir zünden ein Licht an. Und geben die Toten zurück in die Ewigkeit. Wir können sie nicht hierlassen, unsere Toten. Denn längst schon sind sie in Gottes Hand. Gerade deshalb spreche ich lieber vom Ewigkeitssonntag statt vom Totensonntag.

Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen,
und der Tod wird nicht mehr sein,
noch Leid noch Geschrei noch Schmerz
wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.

Offb 21,4

Lasst eure Lenden umgürtet sein
und eure Lichter brennen.

Lk 12,35

Ein Platz bei Gott – gerne teile ich hier den Link zum ZDF-Fernsehgottesdienst am heutigen Ewigkeitssonntag.

Bild: pixabay.com

Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten

Mit Tränen
nehmen wir Abschied
Die Stimme brüchig

So vieles verliert an Bedeutung
in diesem Moment
wo wir Lebwohl sagen
für immer

Morgen
stehe ich von Neuem auf
erinnere mich
an schöne Tage
an dunkle Stunden

So vieles gewinnt wieder
an Bedeutung
von Tag zu Tag wird es mehr

Zeit heilt Wunden
Zeit heilt den Kummer
Zeit lässt vergessen
Zeit lässt Erinnerung wachsen:
Mein Schatz
im Herzen verankert

Das Leben geht weiter
Zeit vergeht
und vergeht

Und dann:
In dir ist Freude
in allem Leide

Die mit Tränen säen,
werden mit Freuden ernten.
Psalm 126,5

Wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein.
Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen.
Lk 12, 34f.

Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird

Am heutigen Ewigkeitssonntag will ich auf den ZDF-Fernsehgottesdienst verweisen mit einer starken Predigt von Landesbischof Ralf Meister zu Jes 65.

Hier geht es zum ZDF-Fernsehgottesdienst

Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen,
dass man der vorigen nicht mehr gedenken

und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird.
Jes 65,17ff.

Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden

Photo by Andrea Piacquadio on Pexels.com

Bedenke:

Eines Tages, ja, eines fernen Tages wirst du sterben.
Und dann werden andere auf dein Leben blicken.
Nette Worte finden.
Ein Urteil wagen. – Nicht in der Kirche, aber danach, wenn man sich noch einmal auf dein Wohl zusammensetzt.

Bedenke:

Es ist dein Leben.
Traue dir Entscheidungen zu.
Vergiss nicht, andere an deinem Leben zu beteiligen.
Vergiss nicht, dass irdische Schätze nur vererbbar sind.

Bedenke:

Es ist dein Leben.
Es tut gut, immer mal wieder Inventur zu machen.
Es tut gut, das eigene Leben aufzumischen.
Es tut gut, Neues zu wagen.

Photo by Eternal Happiness on Pexels.com

Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.
Psalm 90,12

Es kommt die Stunde und ist schon jetzt, dass die Toten hören werden die Stimme des Sohnes Gottes

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Die Toten sind wir. Das ist die schmerzliche Erkenntnis, mit der ich diese Bibelstelle lese. Die Stunde ist schon jetzt – im Jetzt und Hier hören die Toten die Stimme Gottes. So wie der Kranke, der am Teich Bethesda auf Heilung wartet. Kurz vor unserer Bibelstelle erzählt der Evangelist Johannes diese Geschichte, die Heilung von einem, der lebendig tot ist  (hier finden Sie dazu Gedanken von mir). Lebendig tot ist, bis Jesus ihn fragt: „Willst du gesund werden?“.

Wo fühle ich mich lebendig tot? Wo spüre ich meine Ohnmacht? Wo muss ich um Gesundheit bitten? Johannes erinnert uns am heutigen Ewigkeitssonntag daran, wie wertvoll unser Leben ist. Wir können es nur einmal leben, es ist nicht wiederholbar.

Der Evangelist Johannes verspricht – wie die ganze Bibel – Leben. Und die Bibel verspricht es gerade denen, die sich wie tot fühlen. Leben wir also unser Leben. Leben wir es im Wissen darum, dass wir kein anderes haben.

 

Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es kommt die Stunde und ist schon jetzt,
dass die Toten hören werden die Stimme des Sohnes Gottes,
und die sie hören werden, die werden leben.
Joh 5,25

Bild: bernswaelz/pixabay.com

Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden

66477_web_R_by_Martin Schemm_pixelio.de

Der Tod gehört zum Leben.

Mediziner sagen, dass mit der Geburt das Sterben beginnt. Zellen erneuern sich – und das immer langsamer, je älter man wird. Will man danach leben, so wäre es dringend notwendig, die ars moriendi, die Kunst zu sterben, zu lernen.

Doch will man danach leben?

Zumindest auf den ersten Blick wirkt es doch sehr deprimierend, sein Leben vom Tod her zu denken und zu planen. Und es stellt sich die Frage, ob man nicht seinen Elan, seinen Willen, Dinge zu verändern, verliert, wenn man das Leben vom Ende her denkt.

Das Leben ist geschenkt, man sollte es nutzen, indem man sich selbst findet. Seine Talente entdeckt. Etwas erlebt. Das ist es auch, was einen im Leben trägt, wenn es einmal schwierig wird: all die positiven Erfahrungen, die Erlebnisse, an die man voll Freude zurückdenkt.

Das Leben sollte man vom Anfang her denken, nicht vom Ende her. Mit all seinen Möglichkeiten, die einem offen stehen.

Es ist der Körper, der uns irgendwann darauf hinweist, dass unser Leben begrenzt ist – wenn wir erkennen und spüren, dass wir älter werden. Die Kunst zu leben mündet dann im besten Fall in die Kunst zu sterben. Sie ist es auch, die uns immer wieder auf die Frage zurückwirft, was wirklich wichtig ist im Leben.

Wer weiß, dass er stirbt, häuft keine Reichtümer an, die er nicht mitnehmen kann ins Grab. Wer weiß, dass das Leben ein Ende hat, geht behutsamer mit sich und seinen Mitmenschen um.

Wer sein Leben vom Anfang her denkt und vom Ende weiß, der erinnert sich immer wieder an seine Endlichkeit und wird kein Egomane, der sich nur um sich selbst dreht. Wer sein Leben vom Anfang her plant und um das Ende weiß, der lebt sein Leben nicht ohne Rücksicht auf Verluste, sondern sieht seine Verantwortung in der Welt. Wer sein Leben vom Anfang her denkt und den Tod nicht vergisst, dem wird es nicht schwer fallen, seinem Leben einen Sinn zu geben.

Das ist es, was die Bibel als lebensklug bezeichnet.

Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen,
auf dass wir klug werden. 
Psalm 90,12

Bildquelle: Martin Schemm/pixelio.de

 

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